Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
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der gesamten Kulturmenschheit erreicht werden kann. Jede menschliche Arbeit<br />
haben wir uns also zu denken als vorgehend an der Hand von Arbeitsmitteln, die<br />
selbst schon Produkt früherer Arbeit sind. In jedem neuen Produkt steckt also<br />
nicht bloß die neue Arbeit, die ihm die letzte Gestalt verliehen, sondern<br />
auch die vergangene, die zu ihm den Stoff , das Arbeitsinstrument usw. geliefert<br />
hatte. In der Wertproduktion, d. h. in der Warenproduktion, wozu auch die kapitalistische<br />
gehört, wird diese Erscheinung nicht aufgehoben, sie bekommt nur<br />
einen spezifi schen Ausdruck. Sie drückt sich in dem Doppelcharakter der warenproduzierenden<br />
Arbeit aus, die einerseits als nützliche konkrete Arbeit irgendeiner<br />
Art den nützlichen Gegenstand, den Gebrauchswert schaff t, andererseits<br />
als abstrakte, allgemeine gesellschaftlich notwendige Arbeit Wert schaff t. In<br />
ihrer ersten Eigenschaft tut sie, was die menschliche Arbeit stets getan: die vergangene<br />
Arbeit, die in den benutzten Produktionsmitteln steckt, auf das neue<br />
Produkt mitzuübertragen, nur daß auch diese vergangene Arbeit jetzt als Wert,<br />
als alter Wert erscheint. In ihrer zweiten Eigenschaft schaff t sie Neuwert, der<br />
kapitalistisch in bezahlte und unbezahlte Arbeit: v + m zerfällt. Der Wert jeder<br />
Ware muß also sowohl alten Wert enthalten, den die Arbeit in ihrer Eigenschaft<br />
als nützliche konkrete Arbeit von den Produktionsmitteln auf die Ware überträgt,<br />
wie Neuwert, den dieselbe Arbeit in ihrer Eigenschaft als gesellschaftlich<br />
notwendige durch ihre bloße Verausgabung, durch ihre Dauer schaff t.<br />
<strong>Die</strong>se Unterscheidung konnte Smith nicht machen, da er den Doppelcharakter<br />
der wertschaff enden Arbeit nicht auseinanderhielt, und Marx glaubt<br />
an einer Stelle, in diesem fundamentalen Irrtum der Smithschen Werttheorie<br />
sogar die eigentliche tiefste Quelle seines seltsamen Dogmas von der restlosen<br />
Aufl ösung aller hergestellten Wertmasse in v + m erblicken zu müssen.¹⁸ <strong>Die</strong><br />
Nicht unterscheidung der beiden Seiten der warenproduzierenden Arbeit: der<br />
kon kreten nützlichen und der abstrakten gesellschaftlich notwendigen, bildet in<br />
der Tat eines der hervorragendsten Merkmale nicht bloß der Smithschen, sondern<br />
der Werttheorie der ganzen klassischen Schule.<br />
Unbekümmert um alle sozialen Konsequenzen hat die klassische Ökonomie<br />
die menschliche Arbeit als den allein wertschaff enden Faktor erkannt und<br />
diese Th eorie bis zu jener Klarheit ausgearbeitet, die uns in der Ricardoschen<br />
Fassung vorliegt. Worin aber der fundamentale Unterschied zwischen der<br />
Ricardoschen und der Marxschen Arbeitswerttheorie liegt – ein Unterschied,<br />
der nicht nur von bürgerlichen Ökonomen verkannt, sondern auch in den<br />
Popularisationen der Marxschen Lehre meist unberücksichtigt bleibt–, ist, daß<br />
Ricardo, entsprechend seiner allgemeinen naturrechtlichen Auff assung von<br />
der bürgerlichen Wirtschaft, auch das Wertschaff en für eine natürliche<br />
Eigen schaft der menschlichen Arbeit, der individuellen konkreten Arbeit <strong>des</strong><br />
Einzelmenschen hielt.<br />
<strong>Die</strong>se Auff assung tritt noch krasser bei Ad. Smith zutage, der ja z. B. den<br />
›Hang zum Tausche‹ direkt für eine Besonderheit der menschlichen Natur erklärt,<br />
nachdem er ihn vorher umsonst bei Tieren, wie bei Hunden usw., gesucht.<br />
Übrigens erkennt Smith, wenn er auch den ›Hang zum Tausche‹ bei Tieren<br />
bezweifelt, der tierischen Arbeit gleich der menschlichen wertschaff ende<br />
Eigen schaft zu, namentlich dort, wo er gelegentlich Rückfälle in die physiokratische<br />
Auff assung aufweist:<br />
›Kein anderes gleich großes Kapital setzt eine größere Menge von produktiver<br />
Arbeit in Bewegung als das <strong>des</strong> Landmannes. Nicht nur seine Arbeitsleute,<br />
Das Problem der Reproduktion 27<br />
›nur daß auch diese vergangene<br />
Arbeit jetzt als Wert, als alter Wert<br />
erscheint‹: ›Durch das bloß quantitative<br />
Zusetzen von Arbeit wird<br />
neuer Wert zugesetzt, durch die<br />
Qualität der zugesetzten Arbeit<br />
werden die alten Werte der Produk -<br />
tionsmittel im Produkt erhalten. […]<br />
Nimm an, irgendeine Erfindung befähige<br />
den Spinner, in 6 Stunden so<br />
viel Baumwolle zu verspinnen wie<br />
früher in 36 Stunden. Als zweckmäßig<br />
nützliche, produktive Tätigkeit<br />
hat seine Arbeit ihre Kraft versechsfacht.<br />
Ihr Produkt ist ein sechsfaches,<br />
36 statt 6 Pfund Garn. Aber<br />
die 36 Pfund Baumwolle saugen<br />
jetzt nur so viel Arbeitszeit ein als<br />
früher 6 Pfund. Sechsmal weniger<br />
neue Arbeit wird ihnen zugesetzt<br />
als mit der alten Methode, daher<br />
nur noch ein Sechstel <strong>des</strong> früheren<br />
Werts. Andrerseits existiert jetzt der<br />
sechsfache Wert von Baumwolle im<br />
Produkt, den 36 Pfund Garn. In den<br />
6 Spinnstunden wird ein sechsmal<br />
größerer Wert von Rohmaterial erhalten<br />
und auf das Produkt übertragen,<br />
obgleich demselben Rohmaterial<br />
ein sechsmal kleinerer Neuwert<br />
zugesetzt wird. <strong>Die</strong>s zeigt, wie<br />
die Eigenschaft, worin die Arbeit<br />
während <strong>des</strong>selben unteilba ren<br />
Pro zesses Werte erhält, wesent lich<br />
unterschieden ist von der Eigenschaft,<br />
worin sie Wert schafft.<br />
[K. Marx, Das Kapital, Bd.1, MEW<br />
Bd.23, S.215f].<br />
18 Siehe Das Kapital, Bd. II,<br />
S.351 [Karl Marx: Das Kapital,<br />
Zweiter Band. In: Karl Marx/<br />
Friedrich Engels: Werke Bd.24.<br />
S.376/377]