Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
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A Ein äußerst interessanter<br />
neuer Aspekt in der Literatur. –<br />
So findet seit etwa 1989 [Ende<br />
der Sowjet union] ein virulentes<br />
Vordringen ›<strong>des</strong> Kapi tals‹ innerhalb<br />
der ›kapi talistischen<br />
Kernländer‹ statt, ein gepackt in<br />
Worthülsen wie ›Agenda 2010‹,<br />
›Libe ralisierung der Kapitalmärkte‹,<br />
›Glo ba lisie rung‹ etc. pp., begleitet<br />
von heftigen Attacken gegen die<br />
Lohnarbeiter in den entwickelten<br />
Staaten [Lohn senkung, worunter<br />
u. a. die Verlängerung der<br />
Arbeitszeit, Minde rung der ›Sozialleistungen‹<br />
oder ›<strong>Kapitals</strong>paren‹<br />
[Altersrente] fallen]; schlimmer<br />
noch in den ›Opfer‹-Staaten, wo<br />
beispielsweise ganze Bereiche der<br />
Wirtschaft be freit, ›li beralisiert‹ werden,<br />
die zugehöri gen ›Unterschichten‹<br />
quasi ›kollate ral koinzident‹<br />
von ihren angestamm ten Lebensgrundlagen<br />
wie bspw. in Afrika<br />
[Tomatenanbau, Geflügel zucht,<br />
Fisch fang]. Zur<br />
Unter drückung einer ohnehin<br />
schwachen Gegen wehr wird das<br />
Militär der ›imperialisti schen<br />
Staaten‹ aktiv [›Neger piraten‹, früher<br />
Fischer], bei Flucht gefahr kommen<br />
der lokale Staats apparat –<br />
oft ›vertraglich‹ gebun dene Kompra<br />
doren – zum Einsatz, unterstützt<br />
durch ›technische Maß nahmen‹ wie<br />
Luft- und Seeüber wachung, Fangzäune,<br />
Gefangenen lager etc., dazu<br />
›Fang prä mien‹ für die ›Ein geborenen‹,<br />
alles Einrich tungen aus den<br />
reichen Staa ten zur Durch setzung<br />
ihrer In teressen; eine in vieler Hisicht<br />
›bestechende‹ Dop pelstrategie.<br />
Noch sind die ›Edelarbeiter <strong>des</strong><br />
<strong>Kapitals</strong>‹ lammbrav dankbar in<br />
den Arsch getreten zu werden und<br />
nicht – wie die ›Neger‹ – in die<br />
Fresse.<br />
207 Typisch für diese<br />
Beziehung ist das Verhältnis von<br />
Deutschland und England<br />
und dem rohen Optimismus Ricardo-Say-Tugan-Baranowskis, für die der Kapitalismus<br />
sich selbst schrankenlos befruchten kann, ergo – was nur eine logische<br />
Konsequenz – von ewiger Dauer ist. <strong>Die</strong> Lösung liegt, im Sinne der Marxschen<br />
Lehre, in dem dialektischen Widerspruch, daß die kapitalistische <strong>Akkumulation</strong><br />
zu ihrer Bewegung nichtkapitalistischer sozialer Formationen als ihrer<br />
Umgebung bedarf, in ständigem Stoff wechsel mit ihnen vorwärtsschreitet und<br />
nur so lange existieren kann, als sie dieses Milieu vorfi ndet.<br />
Von hier aus können die Begriff e <strong>des</strong> inneren und auswärtigen Absatzmark<br />
tes, die im theoretischen Streit um das Problem der <strong>Akkumulation</strong> eine<br />
so hervorragende Rolle gespielt haben, revidiert werden. Innerer und äußerer<br />
Markt spielen gewiß eine große und grundverschiedene Rolle im Gang der kapitalistischen<br />
Entwicklung, jedoch nicht als Begriff e der politischen Geographie,<br />
sondern als die der sozialen Ökonomie. Innerer Markt vom Standpunkt der<br />
kapitalistischen Produktion ist kapitalistischer Markt, ist diese Produktion<br />
selbst als Abnehmerin ihrer eigenen Produkte und Bezugsquelle ihrer eigenen<br />
Produktionselemente. Äußerer Markt für das Kapital ist die nichtkapitalistische<br />
soziale Umgebung, die seine Produkte absorbiert und ihm Produktionselemente<br />
und Arbeitskräfte liefert. A Von diesem Standpunkt, ökonomisch, sind Deutschland<br />
und England in ihrem gegenseitigen Warenaustausch füreinander meist innerer,<br />
kapitalistischer Markt, während der Austausch zwischen der deutschen<br />
In du strie und den deutschen bäuerlichen Konsumenten wie Produzenten für<br />
das deutsche Kapital auswärtige Marktbeziehungen darstellt. Wie aus dem<br />
Schema der Reproduktion ersichtlich, sind dies strenge, exakte Begriff e. Im innern<br />
kapitalistischen Verkehr können im besten Fall nur bestimmte Wertteile<br />
<strong>des</strong> gesellschaftlichen Gesamtprodukts realisiert werden: das verbrauchte konstante<br />
Kapital, das variable Kapital und der konsumierte Teil <strong>des</strong> Mehrwerts;<br />
hin gegen muß der zur Kapitalisierung bestimmte Teil <strong>des</strong> Mehrwerts ›auswärts‹<br />
realisiert werden. Ist die Kapitalisierung <strong>des</strong> Mehrwerts der eigentliche Zweck<br />
und das treibende Motiv der Produktion, so ist andererseits die Erneu e rung <strong>des</strong><br />
konstanten und variablen <strong>Kapitals</strong> (so wie <strong>des</strong> konsumierten Teils <strong>des</strong><br />
Mehrwerts) die breite Basis und die Vorbedingung jener. Und wird mit der internationalen<br />
Entwicklung <strong>des</strong> Kapitalismus die Kapitalisierung <strong>des</strong> Mehrwerts<br />
immer dringender und prekärer, so wird die breite Basis <strong>des</strong> konstanten und<br />
variablen <strong>Kapitals</strong> als Masse absolut und im Verhältnis zum Mehrwert immer<br />
gewaltiger. Daher die widerspruchsvolle Erscheinung, daß die alten kapitalistischen<br />
Länder füreinander immer größeren Absatzmarkt darstel len, füreinander<br />
immer unentbehrlicher werden und zugleich einander immer eifersüchtiger als<br />
Konkurrenten in Beziehungen mit nichtkapitalistischen Ländern be käm pfen.²⁰⁷<br />
<strong>Die</strong> Bedingungen der Kapitalisierung <strong>des</strong> Mehrwerts und die Bedingungen der<br />
Erneuerung <strong>des</strong> Gesamtkapitals treten miteinander immer mehr in Widerspruch,<br />
der übrigens nur ein Refl ex <strong>des</strong> widerspruchsvollen Gesetzes der fallenden Profi<br />
t rate ist.<br />
238 <strong>Die</strong> geschichtlichen Bedingungen der <strong>Akkumulation</strong>