Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
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Jedoch: ›<strong>Die</strong> Zirkulation sprengt<br />
die zeitlichen, örtlichen und individuellen<br />
Schranken <strong>des</strong> Produktenaustausches<br />
ebendadurch, daß sie<br />
die hier vorhandne unmittelbare<br />
Identität zwischen dem Austausch<br />
<strong>des</strong> eignen und dem Eintausch <strong>des</strong><br />
fremden Arbeitsprodukts in den<br />
Gegensatz von Verkauf und Kauf<br />
spaltet. Daß die selbständig einander<br />
gegenübertretenden Prozesse<br />
eine innere Einheit bilden, heißt<br />
ebensosehr, daß ihre innere Einheit<br />
sich in äußeren Gegensätzen<br />
bewegt. Geht die äußer liche<br />
Verselbständigung der innerlich<br />
Unselbständigen, weil einander ergänzenden,<br />
bis zu einem gewissen<br />
Punkt fort, so macht sich die Einheit<br />
gewaltsam geltend durch eine –<br />
Krise. Der der Ware immanente<br />
Gegensatz von Gebrauchswert<br />
und Wert, von Privatarbeit, die<br />
sich zugleich als unmittelbar gesellschaftliche<br />
Arbeit darstellen<br />
muß, von besondrer konkreter<br />
Arbeit, die zugleich nur als abstrakt<br />
allgemeine Arbeit gilt, von<br />
Personifizierung der Sache und<br />
Versachlichung der Personen – dieser<br />
immanente Widerspruch erhält<br />
in den Gegensätzen der Warenmetamorphose<br />
seine entwickelten<br />
Bewegungsformen. <strong>Die</strong>se Formen<br />
schließen daher die Möglichkeit,<br />
aber auch nur die Möglichkeit der<br />
Krisen ein. <strong>Die</strong> Entwicklung dieser<br />
Möglichkeit zur Wirklichkeit erfordert<br />
einen ganzen Umkreis von<br />
Verhältnissen, die vom Standpunkt<br />
der einfachen Warenzirkulation<br />
noch gar nicht existieren.‹ [Das<br />
Kapi tal, Bd.1, MEW 23, S.127f] und<br />
[Einleitung zur Kritik der politischen<br />
Ökonomie, MEW 13, S.77—79]<br />
das selbst Gold produziert, oder ein solches, das es aus dem Auslande bezieht.<br />
Im letzteren Falle vermittelt nur der Austausch dieselbe Ausgabe an gesellschaftlicher<br />
Arbeit, die direkt zur Produktion <strong>des</strong> Gol<strong>des</strong> notwendig war.<br />
Man ersieht aus dem bisherigen, daß das Problem der Reproduktion <strong>des</strong><br />
Gesamtkapitals nicht so roh ist, wie es oft vom reinen Krisenstandpunkt aufgefaßt<br />
wird, wobei die Frage etwa so gestellt wird: Wie ist es möglich, daß bei<br />
der planlosen Wirtschaft zahlloser Einzelkapitale die Gesamtbedürfnisse der<br />
Gesellschaft durch ihre Gesamtproduktion gedeckt werden? Worauf dann der<br />
Hinweis auf die ständigen Oszillationen der Produktion um die Nachfrage, d. h.<br />
auf den periodischen Konjunkturwechsel etwa, die Antwort geben soll. Bei dieser<br />
Auff assung, die das gesellschaftliche Gesamtprodukt als einen unterschiedslosen<br />
Warenbrei und das gesellschaftliche Bedürfnis in entsprechend abstruser<br />
Weise behandelt, wird das Wichtigste: die Diff erentia specifi ca der kapitalistischen<br />
Produktionsweise übersehen. Das kapitalistische Reproduktionsproblem<br />
birgt in sich, wie wir sahen, eine ganze Anzahl exakter Verhältnisse, die sich sowohl<br />
auf die spezifi sch kapitalistischen Kategorien wie – mutatis mutandis –<br />
auf die allgemeinen Kategorien der menschlichen Arbeit beziehen und deren<br />
Vereinigung sowohl in ihrem Widerspruch wie in ihrer Übereinstimmung das<br />
eigentliche Problem darstellt. Das Marxsche Schema ist die wissenschaftliche<br />
Lösung <strong>des</strong> Problems.<br />
Wir haben uns zu fragen, welche Bedeutung das analysierte Schema <strong>des</strong><br />
Reproduktionsprozesses für die Wirklichkeit hat. Nach diesem Schema geht<br />
das gesellschaftliche Gesamtprodukt hübsch restlos in der Zirkulation auf,<br />
Konsumbedürfnisse sind sämtlich befriedigt, die Reproduktion geht glatt vonstatten,<br />
die Geldzirkulation folgt der Warenzirkulation, der Kreislauf <strong>des</strong> gesellschaftlichen<br />
<strong>Kapitals</strong> schließt sich genau. Wie sieht die Sache im Leben aus? Für<br />
eine planmäßig geleitete Produktion gibt das Schema in seinen Verhältnissen<br />
eine genaue Grundlage der Einteilung der gesellschaftlichen Arbeit – immer vorausgesetzt<br />
einfache Reproduktion, d. h. gleichbleibenden Produktionsumfang.<br />
In der kapita listischen Wirtschaft fehlt jede planmäßige Organisation<br />
<strong>des</strong> Gesamtprozesses. Deshalb geht in ihr auch nichts so glatt nach der mathematischen<br />
Formel, wie es im Schema aussieht. Der Kreislauf der Reproduktion<br />
verläuft vielmehr unter ständigen Abweichungen von den Verhältnissen <strong>des</strong><br />
Schemas, was sich äußert<br />
im täglichen Oszillieren der Preise,<br />
im beständigen Schwanken der Profi te,<br />
im unaufhörlichen Fluktuieren der Kapitale aus einem<br />
Produktionszweig in die anderen,<br />
im periodischen zyklischen Pendeln der Reproduktion zwischen<br />
Überspannung und Krise.<br />
Bei all diesen Abweichungen jedoch stellt das Schema jenen gesellschaftlich<br />
notwendigen Durchschnitt dar, um den sich jene Bewegungen vollziehen<br />
und dem sie immer wieder zustreben, nachdem sie sich von ihm entfernt<br />
haben. <strong>Die</strong>ser Durchschnitt macht es, daß die schwankenden Bewegungen<br />
der Einzelkapitale nicht in ein Chaos ausarten, sondern auf eine bestimmte<br />
Gesetzmäßigkeit zurückgeführt werden, welche die Fortexistenz der Gesellschaft<br />
trotz ihrer Planlosigkeit sichert.<br />
52 Das Problem der Reproduktion