02.01.2013 Aufrufe

Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub

Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub

Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Geburtswehen bei dem Heraustreten der kapitalistischen Produktionsweise aus<br />

dem Schoße der feudalen Gesellschaft. Sobald er die theoretische Analyse <strong>des</strong><br />

Kapitalprozesses gibt – Produktion wie Zirkulation –, kehrt er ständig zu seiner<br />

Voraussetzung: allgemeine und ausschließliche Herrschaft der kapitalistischen<br />

Produktion, zurück.<br />

Wir sehen jedoch, daß der Kapitalismus auch in seiner vollen Reife in <br />

jeder Beziehung auf die gleichzeitige Existenz nichtkapitalistischer Schichten<br />

und Gesellschaften angewiesen ist. <strong>Die</strong>ses Verhältnis erschöpft sich nicht durch<br />

die nackte Frage <strong>des</strong> Absatzmarktes für das ›überschüssige Produkt‹, wie das<br />

Pro blem von Sismondi und den späteren Kritikern und Zweifl ern der kapitalistischen<br />

<strong>Akkumulation</strong> gestellt wurde. Der <strong>Akkumulation</strong>sprozeß <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong><br />

ist durch alle seine Wertbeziehungen und Sachbeziehungen: konstantes Kapital,<br />

variables Kapital und Mehrwert an nichtkapitalistische Produktionsformen gebunden.<br />

Letztere bilden das gegebene historische Milieu jenes Prozesses. <strong>Die</strong><br />

Kapitalakkumulation kann so wenig unter der Voraussetzung der ausschließlichen<br />

und absoluten Herrschaft der kapitalistischen Produktionsweise dargestellt<br />

werden, daß sie vielmehr ohne das nichtkapitalistische Milieu in jeder<br />

Hinsicht undenkbar ist. Freilich zeigten Sismondi und seine Nachfolger einen<br />

richtigen Instinkt für die Daseinsbedingungen der <strong>Akkumulation</strong>, wenn sie deren<br />

Schwierigkeiten einzig und allein auf die Realisierung <strong>des</strong> Mehrwerts reduzierten.<br />

Zwischen den Bedingungen dieser letzteren und den Bedingungen der<br />

Erweiterung <strong>des</strong> konstanten und <strong>des</strong> variablen <strong>Kapitals</strong> in ihrer Sachgestalt besteht<br />

ein wichtiger Unterschied. Das Kapital kann ohne die Produktionsmittel<br />

und die Arbeitskräfte <strong>des</strong> gesamten Erdballes nicht auskommen, zur ungehinderten<br />

Entfaltung seiner <strong>Akkumulation</strong>sbewegung braucht es die Naturschätze<br />

und die Arbeitskräfte aller Erdstriche. Da diese sich tatsächlich in überwiegender<br />

Mehrzahl in den Banden vorkapitalistischer Produktionsformen befi nden –<br />

dies das geschichtliche Milieu der Kapitalakkumulation –, so ergibt sich daraus<br />

der ungestüme Drang <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong>, sich jener Erdstriche und Gesellschaften zu<br />

bemächtigen. An sich wäre der kapitalistischen Produktion z. B. auch mit kapitalistisch<br />

betriebenen Kautschukplantagen, wie sie z. B. in Indien bereits angelegt<br />

sind, gedient. Aber die tatsächliche Vorherrschaft nichtkapitalistischer<br />

Gesellschaftsverhältnisse in den Ländern jener Produktionszweige ergibt für<br />

das Kapital die Bestrebung, jene Länder und Gesellschaften unter seine Botmäßigkeit<br />

zu bringen, wobei die primitiven Verhältnisse allerdings so außerordentlich<br />

rasche und gewaltsame Griff e der <strong>Akkumulation</strong> ermöglichen, wie sie<br />

unter rein kapitalistischen Gesellschaftsverhältnissen ganz undenkbar wären. A<br />

Anders die Realisierung <strong>des</strong> Mehrwerts. <strong>Die</strong>se ist von vornherein an<br />

nicht kapitalistische Produzenten und Konsumenten als solche gebunden. B <strong>Die</strong><br />

Exi stenz nichtkapitalistischer Abnehmer <strong>des</strong> Mehrwerts ist also direkte Lebensbedingung<br />

für das Kapital und seine <strong>Akkumulation</strong>, insofern also der entscheidende<br />

Punkt im Problem der Kapitalakkumulation.<br />

Ob aber so oder anders, faktisch ist die Kapitalakkumulation<br />

als geschichtlicher Prozeß in allen ihren Beziehungen auf nichtkapitalistische<br />

Gesellschaftsschichten und -formen angewiesen.<br />

<strong>Die</strong> Lösung <strong>des</strong> Problems, um das sich die Kontroverse in der Nationalökonomie<br />

fast über ein ganzes Jahrhundert zieht, liegt also zwischen den beiden<br />

Extremen: zwischen der kleinbürgerlichen Skepsis der Sismondi, v. Kirchmann,<br />

Woronzow, Nikolai-on, die die <strong>Akkumulation</strong> für unmöglich erklärten,<br />

<strong>Die</strong> geschichtlichen Bedingungen der <strong>Akkumulation</strong> 237<br />

A Ökonomisch aufgrund überlegener<br />

Produktivkräfte und somit<br />

schwacher lokaler Konkurrenz.<br />

<strong>Die</strong>s jedoch teils auch innerhalb der<br />

›kapitalistischen Späre‹, wo bspw.<br />

die Einführung neuer, ›billigerer‹<br />

Verfahren zu Extraprofiten führt.<br />

B Das ist nach wie vor nicht<br />

schlüssig belegt. Der Drang in die<br />

Kolonien oder die imperialistische<br />

›Inanspruchnahme‹ der ganzen<br />

Welt braucht nicht diese ›innere<br />

Notwendigkeit‹, ›wohlfeile‹ exorbitante<br />

Profite sind ökonomisch<br />

Anlaß genug, ebenso wie die ›biblische‹<br />

Empfehlung, hinzugehen und<br />

sich die Erde und mit ihr die Welt<br />

untertan zu machen [das Errichten<br />

der Herrschaft], keiner weiteren<br />

begründeten Not bedarf [vgl.<br />

|S.226, Anm.C|].

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!