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Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub

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a Durch Auskauf, meist aber<br />

brutale Vertreibung der Bauern<br />

durch den Grundherrn wurde das<br />

Bauernland zum Herrenland geschlagen.<br />

Den Höhepunkt erreichte<br />

das Bauern legen in England während<br />

<strong>des</strong> 15. und 16. Jahrhunderts,<br />

auf dem Kontinent im 17. und<br />

18. Jahrhundert, wobei die ostelbischen<br />

Gebiete Preußens und<br />

Mecklenburgs besonders betroffen<br />

waren.<br />

A 1913; ein Merkmal <strong>des</strong> Kolonialsystems<br />

ist die Zugehörigkeit <strong>des</strong><br />

Kolonialgebietes zu einem bestimmten<br />

beherrschenden Staat [›Mutterland‹].<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

– der Erste endete in dieser<br />

Frage unentschieden –, etwa bis<br />

um 1965, wurde das Kolo nialsystem<br />

nach zum Teil heftigen und äußerst<br />

brutalen Kriegen gegen die lokale<br />

Bevölkerung [Viet nam, Algerien<br />

u. v. m.] aufge geben, die vormaligen<br />

Kolonialgebiete ›frei‹, was praktisch<br />

die Beseitigung <strong>des</strong> besonderen<br />

Zugriffsprivilegs <strong>des</strong> früheren<br />

›Mutterlan<strong>des</strong>‹ bedeutete und<br />

das ›befreite‹ Gebiet meist dem<br />

Zu griff aller ›imperiali sti schen‹<br />

Staaten öffnete. Einige Gebiete<br />

wurden ›Mut terland‹, be son ders bei<br />

den Franzosen (bspw. Franzö sich<br />

Guayana, Marti nique, Mururoa,<br />

das Atomwaffentestgebiet in Französisch<br />

Polynesien), ähnlich bei<br />

den Briten (Falk land). Haupt nutznieser<br />

der ›Entkoloniali sierung<br />

waren die Verei nigten Staa ten von<br />

Nord amerika (USA), die nur wenige<br />

Kolo nien besaßen, und die Weltkriegs<br />

verlierer Deutschland und<br />

Japan, deren ›Aussperrung von<br />

den Fleischtöpfen‹ damit aufgehoben<br />

war. <strong>Die</strong> Lage der vormaligen<br />

Kolonialvölker hat sich seither dennoch<br />

wenig verbessert, relativ zur<br />

Entwicklung der übrigen Welt zum<br />

Teil erheblich verschlechtert, vgl.<br />

u. a. die industrielle Verwertung von<br />

Tomaten in Ghana, |S.233, Anm.A|<br />

und dergleichen.<br />

<strong>des</strong> 17., 18. und 19. Jahrhunderts gehören in letzter Linie hierher), so in außereuropäischen<br />

Ländern – im Kampfe gegen primitivere soziale Formen – in der<br />

Gestalt der Kolonialpolitik. Das hier praktizierte Steuersystem wie der Handel,<br />

namentlich mit primitiven Gemeinwesen, stellen ein Gemisch dar, in dem politische<br />

Gewalt und ökonomische Faktoren eng ineinandergreifen.<br />

<strong>Die</strong> ökonomischen Zwecke <strong>des</strong> Kapitalismus im Kampfe mit naturalwirtschaftlichen<br />

Gesellschaften sind im einzelnen:<br />

1. sich wichtiger Quellen von Produktivkräften direkt zu bemächtigen,<br />

wie Grund und Boden, Wild der Urwälder, Mineralien, Edelsteine<br />

und Erze, Erzeugnisse exotischer Pfl anzenwelt, wie Kautschuk usw.;<br />

2. Arbeitskräfte ›frei‹ zu machen und zur Arbeit für das Kapital zu<br />

zwingen; <br />

3. die Warenwirtschaft einzuführen;<br />

4. Landwirtschaft von Gewerbe zu trennen.<br />

Bei der primitiven <strong>Akkumulation</strong>, d. h. in den ersten geschichtlichen<br />

Anfängen <strong>des</strong> Kapitalismus in Europa am Ausgang <strong>des</strong> Mittelalters und bis ins<br />

19. Jahrhundert hinein, bildete das Bauernlegen in England und auf dem Kontinent<br />

das großartigste Mittel zur massenhaften Verwandlung der Pro duk tionsmittel<br />

und Arbeitskräfte in Kapital. a In<strong>des</strong> dieselbe Aufgabe wird bis auf den<br />

heutigen Tag durch das herrschende Kapital in ganz anders großartigem Maßstab<br />

ausgeführt – in der modernen Kolonialpolitik. A Es ist eine Illusion, zu hoffen,<br />

der Kapitalismus würde sich je nur mit Produktionsmitteln begnügen, die<br />

er auf dem Wege <strong>des</strong> Warenhandels erstehen kann. <strong>Die</strong> Schwierigkeit für das<br />

Kapital besteht in dieser Hinsicht schon darin, daß auf gewaltigen Strecken<br />

der exploitierbaren Erdoberfl äche die Produktivkräfte sich im Besitz von gesellschaftlichen<br />

Formationen befi nden, die entweder zum Warenhandel nicht neigen<br />

oder aber gerade die wichtigsten Produktionsmittel, auf die es dem Kapital<br />

ankommt, überhaupt nicht feilbieten, weil die Eigentumsformen wie die ganze<br />

soziale Struktur dies von vornherein ausschließen. Dahin gehören vor allem<br />

Grund und Boden mit dem ganzen Reichtum an mineralischem Gehalt im Innern<br />

sowie mit dem Wiesen-, Wälder- und Wasserbestand an der Oberfl äche,<br />

ferner Viehherden bei viehzüchtenden primitiven Völkern. Sich hier auf den<br />

Prozeß der langsamen auf Jahrhunderte berechneten inneren Zersetzung dieser<br />

naturalwirtschaftlichen Gebilde verlassen und ihre Resultate erst abwarten,<br />

bis sie zur Entäußerung der wichtigsten Produktionsmittel auf dem Wege <strong>des</strong><br />

Warenhandels führen, würde für das Kapital soviel bedeuten, wie überhaupt auf<br />

die Produktivkräfte jener Gebiete verzichten. Daraus folgert der Kapitalismus<br />

gegenüber den Kolonialländern die gewaltsame Aneignung der wichtigsten Produk<br />

tionsmittel als eine Lebensfrage für sich. Da aber gerade die primitiven sozialen<br />

Verbände der Eingeborenen der stärkste Schutzwall der Gesellschaft<br />

wie ihrer materiellen Existenzbasis sind, so erfolgt als einleitende Methode <strong>des</strong><br />

<strong>Kapitals</strong> die systematische, planmäßige Zerstörung und Vernichtung der nichtkapitalistischen<br />

sozialen Verbände, auf die es in seiner Ausbreitung stößt. Hier<br />

haben wir es nicht mehr mit der primitiven <strong>Akkumulation</strong> zu tun, der Prozeß<br />

dauert fort bis auf den heutigen Tag. Jede neue Kolonialerweiterung wird naturgemäß<br />

von diesem hartnäckigen Krieg <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong> gegen die sozialen<br />

und ökonomischen Zusammenhänge der Eingeborenen begleitet sowie von dem<br />

240 <strong>Die</strong> geschichtlichen Bedingungen der <strong>Akkumulation</strong>

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