Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
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9 J. B. Say: Traité d’économie<br />
politique. 8. Aufl. 2. Buch, Kapitel V,<br />
Paris 1876, S.376<br />
Bei Say ist es weniger ein ›unlösbares‹,<br />
als vielmehr ein überhaupt<br />
›nicht wahrgenommenes‹ Problem.<br />
›im kapitalistischen Sinn‹: ein<br />
Mehr produkt hervorbringt, jedoch<br />
nicht ›Arbeit‹ als Quelle, Ursache<br />
davon. <strong>Die</strong> Kategorie ›Mehrwert‹<br />
kommt bei den Physiokraten nicht<br />
vor.<br />
vernichtet (ruine) das System der Ökonomen <strong>des</strong> achtzehnten Jahrhunderts<br />
(Phy sio kraten), die als Einkommen der Gesellschaft nur das Reinprodukt<br />
<strong>des</strong> Bodens betrachteten und folgerten, daß die Gesellschaft nur einen diesem<br />
Reinprodukt entsprechenden Wert konsumieren könne, als ob die Gesellschaft<br />
nicht den ganzen Wert, den sie geschaff en, konsumieren könnte!‹⁹<br />
Say belegt diese Th eorie in einer ihm eigenen Weise. Während Ad.<br />
Smith den Beweis dadurch zu erbringen suchte, daß er je<strong>des</strong> private Kapital<br />
auf seine Produktionsstätte verwies, um es in bloßes Arbeitsprodukt aufzulösen,<br />
je<strong>des</strong> Arbeitsprodukt aber, streng kapitalistisch, als eine Summe bezahlter<br />
und unbezahlter Arbeit, als v + m auff aßte, und so dazu kam, schließlich<br />
das Gesamtprodukt der Gesellschaft in v + m aufzulösen, beeilt sich Say natürlich,<br />
mit sicherer Hand diese klassischen Irrtümer in ordinäre Vulgarismen<br />
zu verballhornen. Says Beweisführung beruht darauf, daß der Unternehmer<br />
in jedem Stadium der Produktion die Produktionsmittel (die für ihn Kapital<br />
bilden) anderen Leuten, den Vertretern früherer Produktionsstadien, bezahlt<br />
und daß jene Leute diese Bezahlung ihrerseits teils als eigenes Einkommen in<br />
die Tasche stecken, teils als Zurückerstattung der Auslagen gebrauchen, die sie<br />
selbst vorgestreckt hatten, um noch anderen Leuten ihr Einkommen zu bezahlen.<br />
<strong>Die</strong> Smithsche endlose Kette von Arbeitsprozessen verwandelt sich bei<br />
Say in eine endlose Kette von gegenseitigen Vorschüssen auf Einkommen und<br />
Zurückerstattungen aus dem Verkauf; auch der Arbeiter erscheint hier als ganz<br />
gleichgestellt dem Unternehmer: Er bekommt im Lohn sein Einkommen ›vorgestreckt‹<br />
und bezahlt es seinerseits mit geleisteter Arbeit. So stellt sich der<br />
schließliche Wert <strong>des</strong> gesellschaftlichen Gesamtprodukts als Summe von lauter<br />
›vorgeschossenen‹ Einkommen dar und geht im Austauschprozeß drauf, sämtliche<br />
Vorschüsse zu ersetzen. Bezeichnend für die Flachheit Says ist, daß er<br />
die gesellschaftlichen Zusammenhänge der kapitalistischen Reproduktion an<br />
dem Beispiel der Uhrenproduktion demonstriert – einem damals (und zum<br />
Teil heute noch) rein manufakturmäßigen Zweig, in dem die ›Arbeiter‹ auch<br />
als kleine Unternehmer fi gurieren und der Produktionsprozeß <strong>des</strong> Mehrwerts<br />
durch lauter sukzessive Austauschakte der einfachen Warenproduktion maskiert<br />
ist.<br />
Auf diese Weise bringt Say die von Smith angerichtete Verwirrung<br />
zum gröbsten Ausdruck: <strong>Die</strong> ganze von der Gesellschaft jährlich hergestellte<br />
Produktenmasse geht in ihrem Wert in lauter Einkommen auf; sie wird also<br />
jährlich auch ganz konsumiert. Der Wiederbeginn der Produktion ohne Ka pital,<br />
ohne Produktionsmittel erscheint als ein Rätsel, die kapitalistische Reproduktion<br />
als ein unlösbares Problem.<br />
Vergleicht man die Verschiebung, die das Problem der Reproduktion<br />
seit den Physiokraten bis Ad. Smith erfahren hat, so ist sowohl ein teilweiser<br />
Fortschritt wie ein teilweiser Rückschritt nicht zu verkennen. Das Charakteristische<br />
an dem ökonomischen System der Physiokraten war ihre Annahme,<br />
daß die Landwirtschaft allein Überschuß, d. h. Mehrwert, schaff e, die<br />
agrikole Arbeit somit die einzige produktive – im kapitalistischen Sinne –<br />
sei. Dementsprechend sehen wir im ›Tableau économique‹, daß die ›sterile‹<br />
Klasse der Manufakturarbeiter nur für dieselben zwei Milliarden Wert schaff t,<br />
die sie an Rohstoff en und Lebensmitteln verzehrt. Dementsprechend gehen<br />
auch im Austausch die gesamten Manufakturwaren je zur Hälfte an die<br />
Klasse der Pächter und der Grundbesitzer, während die Manufakturklasse<br />
20 Das Problem der Reproduktion