Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
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178 l.c., S.27<br />
Austausches zu projizieren, suchte sich durch die Schwierigkeiten, die sich daraus<br />
ergaben, durchzuringen, was er freilich nicht fertiggebracht hat und wobei<br />
er schließlich in der Analyse von Marx steckenblieb, die er selbst mit voller<br />
Klarheit als unfertig, abgebrochen ansah. Tugan-Baranowski braucht gar<br />
keine Beweise, er zerbricht sich nicht viel den Kopf: Da sich die arithmetischen<br />
Proportionen zur Zufriedenheit lösen und nach Belieben fortsetzen lassen, so<br />
ist ihm das just ein Beweis, daß sich die kapitalistische <strong>Akkumulation</strong> – vorbehaltlich<br />
der bewußten ›Proportionalität‹, die aber, wie auch Tugan nicht bestreiten<br />
wird, vorn oder hinten doch hineinkommt – ebenso restlos und unendlich<br />
fortwinden könne.<br />
Tugan-Baranowski hat freilich einen indirekten Beweis, daß das Schema<br />
mit seinen seltsamen Ergebnissen der Wirklichkeit entspricht, ihr treues<br />
Spiegelbild darstellt. Das ist die Tatsache, daß in der kapitalistischen Gesellschaft,<br />
ganz im Einklang mit dem Schema, die menschliche Konsumtion hinter<br />
die Produktion gesetzt, jene zum Mittel, diese zum Selbstzweck wie auch<br />
menschliche Arbeit der ›Arbeit‹ der Maschine gleichgesetzt werde: ›Der<br />
technische Fortschritt gelangt darin zum Ausdruck, daß die Bedeutung der<br />
Arbeitsmittel, der Maschine immer mehr, im Vergleich mit der lebendigen<br />
Arbeit, dem Arbeiter selbst, zunimmt. <strong>Die</strong> Produktions mittel spielen<br />
eine immer größere Rolle im Produktionsprozeß und auf dem Warenmarkt.<br />
Der Arbeiter tritt gegenüber der Maschine in den Hintergrund, und zugleich<br />
tritt in den Hintergrund die aus der Konsumtion <strong>des</strong> Arbeiters entstehende<br />
Nachfrage im Vergleich mit der Nachfrage, welche aus der produktiven<br />
Konsumtion der Produktionsmittel entsteht. Das ganze Getriebe der kapitalistischen<br />
Wirtschaft nimmt den Charakter eines gleichsam für sich selbst existierenden<br />
Mechanismus an, in welchem die Konsumtion der Menschen als ein<br />
einfaches Moment <strong>des</strong> Prozesses der Reproduktion und der Zirkulation <strong>des</strong><br />
<strong>Kapitals</strong> erscheint.‹¹⁷⁸ <strong>Die</strong>se Entdeckung betrachtet Tugan als das Grundgesetz<br />
der kapitalistischen Wirtschaftsweise, und ihre Bestätigung kommt in einem<br />
ganz handgreifl ichen Phänomen zum Ausdruck: Mit dem Fortgang der kapitalistischen<br />
Entwicklung wächst die Abteilung der Produktionsmittel im<br />
Verhältnis zur Abteilung der Konsumtionsmittel und auf ihre Kosten immer<br />
mehr. Gerade Marx hat bekanntlich dieses Gesetz selbst aufgestellt, und seine<br />
schematische Darstellung der Reproduktion beruht auf diesem Gesetz, obschon<br />
Marx die dadurch herbeigeführten Verschiebungen der Einfachheit halber<br />
nicht in der weiteren Entwicklung seines Schemas zahlenmäßig berücksichtigt<br />
hat. Hier also, in dem automatischen Wachstum der Abteilung der<br />
Produktionsmittel im Vergleich zu der Abteilung der Konsumtionsmittel hat<br />
Tugan den einzigen objektiven exakten Beweis für seine Th eorie gefunden, daß<br />
in der kapitalistischen Gesellschaft die menschliche Konsumtion immer unwichtiger,<br />
die Produktion immer mehr Selbstzweck wird. <strong>Die</strong>sen Gedanken<br />
macht er zum Eckstein seines ganzen theoretischen Gebäu<strong>des</strong>. ›In allen industriellen<br />
Staaten‹, verkündet er, ›tritt uns dieselbe Erscheinung entgegen – überall<br />
folgt die Entwicklung der Volkswirtschaft demselben fundamentalen Gesetz.<br />
<strong>Die</strong> Montanindustrie, welche die Produktionsmittel für die moderne Industrie<br />
schaff t, wird immer mehr in den Vordergrund gerückt. Somit kommt in der relativen<br />
Abnahme <strong>des</strong> Exports derjenigen britischen Fabrikate, die in den unmittelbaren<br />
Verbrauch eingehen, auch das Grundgesetz der kapitalistischen<br />
Entwicklung zum Ausdruck: Je mehr die Technik fortschreitet, <strong>des</strong>to mehr<br />
202 Geschichtliche Darstellung <strong>des</strong> Problems