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Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub

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gewaltsamen Raub ihrer Produktionsmittel und ihrer Arbeitskräfte. <strong>Die</strong> Hoff -<br />

nung, den Kapitalismus ausschließlich auf den ›friedlichen Wettbewerb‹, d. h.<br />

auf den regelrechten Warenhandel, wie er zwischen kapitalistisch produzierenden<br />

Ländern geführt wird, als die einzige Grundlage seiner <strong>Akkumulation</strong> verweisen<br />

zu können, beruht auf der doktrinären Täuschung, als ob die Kapi talakkumulation<br />

ohne die Produktivkräfte und die Nachfrage primitiverer Gebilde<br />

auskommen, sich auf den langsamen inneren Zersetzungsprozeß der<br />

Naturalwirtschaft verlassen könnte. Sowenig die Kapitalakkumulation in ihrer<br />

sprunghaften Ausdehnungstätigkeit auf den natürlichen Zuwachs der Arbei<br />

terbevölkerung zu warten und mit ihm auszukommen vermag, sowenig<br />

wird sie auch die natürliche langsame Zersetzung der nichtkapitalistischen<br />

Formen und ihren Übergang zur Warenwirtschaft abwarten und sich mit ihm<br />

begnügen. Das Kapital kennt keine andere Lösung der Frage als Gewalt, die<br />

eine ständige Methode der Kapitalakkumulation als geschichtlicher Prozeß ist,<br />

nicht bloß bei der Genesis, sondern bis auf den heutigen Tag. Für die primitiven<br />

Gesellschaften aber gibt es, da es sich in jedem solchen Falle um Sein<br />

oder Nichtsein handelt, kein anderes Verhalten als Widerstand und Kampf<br />

auf Tod und Leben, bis zur völligen Erschöpfung oder bis zur Ausrottung.<br />

Daher die ständige militärische Besetzung der Kolonien, die Aufstände der<br />

Eingeborenen und die Kolonialexpeditionen zu ihrer Niederwerfung als permanente<br />

Erscheinungen auf der Tagesordnung <strong>des</strong> Kolonialregimes. <strong>Die</strong> gewaltsame<br />

Methode ist hier die direkte Folge <strong>des</strong> Zusammenpralls <strong>des</strong> Kapitalismus<br />

mit naturalwirtschaftlichen Formationen, die seiner <strong>Akkumulation</strong> Schranken<br />

setzen. Ohne ihre Produktionsmittel und Arbeitskräfte kann er nicht auskommen,<br />

sowenig wie ohne ihre Nachfrage nach seinem Mehrprodukt. Um<br />

ihnen aber Produktionsmittel und Arbeitskräfte zu entnehmen, um sie in<br />

Warenabnehmer zu verwandeln, strebt er zielbewußt danach, sie als selbständige<br />

soziale Gebilde zu vernichten. <strong>Die</strong>se Methode ist vom Standpunkt <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong><br />

die zweckmäßigste, weil sie zugleich die rascheste und profi tabelste ist. Ihre andere<br />

Seite ist nämlich der wachsende Militarismus, über <strong>des</strong>sen Bedeutung für<br />

die <strong>Akkumulation</strong> in anderem Zusammenhang weiter unten. <strong>Die</strong> klassischen<br />

Beispiele der Anwendung dieser Methoden <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong> in den Kolonien bieten<br />

die Politik der Engländer in Indien und die der Franzosen in Algier. A<br />

<strong>Die</strong> uralte Wirtschaftsorganisation der Inder – die kommunistische<br />

Dorfgemeinde – hatte sich in ihren verschiedenen Formen durch Jahr- <br />

tausende erhalten und eine lange innere Geschichte durchgemacht, trotz aller<br />

Stürme ›in den politischen Wolkenregionen‹. Im 6. Jahrhundert vor der christlichen<br />

Ära drangen in das Indusgebiet die Perser und unterwarfen sich einen Teil<br />

<strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>. Zwei Jahrhunderte später zogen die Griechen ein und hinterließen<br />

als Ableger einer ganz fremden Kultur die alexandrinischen Kolonien. <strong>Die</strong> wilden<br />

Skythen machten eine Invasion ins Land. Jahrhundertelang herrschten die<br />

Araber in Indien. Später kamen von den Höhen <strong>des</strong> Iran die Afghanen, bis auch<br />

diese durch den ungestümen Ansturm der Tatarenhorden aus Transoxanien vertrieben<br />

wurden. Schrecken und Vernichtung bezeichneten den Weg, auf dem die<br />

Mongolen vorüberzogen, ganze Dörfer wurden niedergemetzelt, und die friedlichen<br />

Fluren mit den zarten Reishalmen färbten sich purpurn von Strömen<br />

vergossenen Blutes. Aber die indische Dorfgemeinde hat alles überdauert.<br />

Denn alle mohammedanischen Eroberer, die einander ablösten, ließen schließlich<br />

das innere soziale Leben der Bauernmasse und seine überlieferte Struktur<br />

<strong>Die</strong> geschichtlichen Bedingungen der <strong>Akkumulation</strong> 241<br />

A In den postkolonialen Zeiten,<br />

etwa ab 1960, werden ›verfeinerte<br />

Techniken‹ angewandt, militärische<br />

Einsätze führen nicht zu<br />

einer dauerhaften Besetzung, zumin<strong>des</strong>t<br />

nicht seitens eines nun<br />

imperialistischen ›Mutterlan<strong>des</strong>‹.<br />

In der Hauptsache werden lokale<br />

›Hilfswillige‹ eingesetzt wie im Fall<br />

von Belgisch Kongo [Ermordung<br />

von Patrice Lu mumba, Abfall<br />

der Provinz Katanga unter dem<br />

Komprador Moïse Tschombé, später<br />

Joseph-Desiré Mobuto, später<br />

…, später …], bedarfsweise auch<br />

wieder beseitigt, oder andere ›innere‹<br />

Unruhen geschürt, welche von<br />

der einheimischen Bevölkerung,<br />

resp. deren Machthabern mit solcher<br />

Brutalität geführt wurden<br />

[Biafra bspw.] und werden, daß infolge<br />

dieser insgesamt <strong>des</strong>olaten<br />

Verhältnisse die internationalen<br />

ausländischen Interessen vermittelt<br />

durch ›lokale Eliten‹ leicht<br />

und billig befriedigt werden können.<br />

In erster Linie stehen in Afrika<br />

›Bodenschätze‹ zur Disposition,<br />

mit denen die ›Originalneger‹ aufgrund<br />

ihrer geringen industriellen<br />

Entwicklung ohnehin wenig anfangen<br />

können, teils aber auch landwirtschaftliche<br />

Bereiche, worunter<br />

der Fischfang fällt. Gegen evtl.<br />

zu ›Negerpiraten‹ mutierende afrikanische<br />

Fischer schicken die imperialistischen<br />

Staaten einen<br />

›Flottenverband‹, dem das anderweitig<br />

gelegentlich opportune<br />

Getue um Völker- und Menschenrecht<br />

so gleichgültig ist wie den<br />

›Vereinigten acht Staaten‹ weiland<br />

in ihrem Krieg gegen China<br />

[bekannt unter ›Boxeraufstand‹,<br />

beteiligt: USA, Großbritannien,<br />

Frankreich, Deutschland,<br />

Österreich, Italien, Rußland,<br />

Japan]. Neuerdings mischen auch<br />

Chinesen und Inder mit. Afrika<br />

ist ein ›leuchten<strong>des</strong>‹ Beispiel dieses<br />

Fortschritts [Ent wick lung und<br />

Verbreitung kapitalistischer Verhältnisse],<br />

wenngleich bei weitem<br />

nicht das einzige.

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