Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
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machte und Sklavenhandel mit Christen trieb. Gegen diese Ruchlosigkeiten<br />
der Mohammedaner erklärten namentlich Spanien und die nordamerikanische<br />
Union, die selbst im Sklavenhandel zu jener Zeit Erkleckliches leisteten, unerbittlichen<br />
Krieg. Auch während der Großen Französischen Revolution wurde<br />
ein Kreuzzug gegen die Anarchie in Algerien proklamiert. <strong>Die</strong> Unterwerfung<br />
Algeriens durch Frankreich war also unter den Losungen der Bekämpfung der<br />
Sklaverei und der Einführung geordneter, zivilisierter Zustände durchgeführt.<br />
<strong>Die</strong> Praxis sollte bald zeigen, was dahinter steckte. In den vierzig Jahren, die seit<br />
der Unterwerfung Algeriens verfl ossen waren, hat bekanntlich kein europäischer<br />
Staat so häufi gen Wechsel <strong>des</strong> politischen Systems durchgemacht wie Frankreich.<br />
Auf die Restauration war die Julirevolution und das Bürgerkönigtum gefolgt, auf<br />
diese die Februarrevolution, die Zweite Republik, das Zweite Kaiserreich, endlich<br />
das Debakel <strong>des</strong> Jahres 1870 und die Dritte Republik. Adel, Hochfi nanz,<br />
Kleinbürgertum, die breite Schicht der Mittelbourgeoisie lösten einander in der<br />
politischen Herrschaft ab. Aber ein ruhender Pol in dieser Erscheinungen Flucht<br />
war die Politik Frankreichs in Algerien, die von Anfang bis Ende auf ein und<br />
dasselbe Ziel gerichtet war und am Saum der afrikanischen Wüste am besten<br />
ver riet, daß sich sämtliche Staatsumwälzungen Frankreichs im 19. Jahrhundert<br />
um ein und dasselbe Grundinteresse: um die Herrschaft der kapitalistischen<br />
Bourgeoisie A und ihrer Eigentumsform, drehten.<br />
›<strong>Die</strong> Ihrem Studium unterbreitete Gesetzesvorlage‹, sagte der Abgeordnete<br />
Humbert am 30. Juni 1873 in der Sitzung der französischen National versammlung<br />
als Berichterstatter der Kommission zur Ordnung der Agrarverhältnisse<br />
in Algerien, ›ist nicht mehr als die Krönung <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong>, <strong>des</strong>sen<br />
Fundament durch eine ganze Reihe von Ordonnanzen, Dekreten, Gesetzen und<br />
Senatuskonsulten gelegt war, die alle zusammen und je<strong>des</strong> insbesondere ein und<br />
dasselbe Ziel verfolgen: die Etablierung <strong>des</strong> Privateigentums bei den Arabern.‹<br />
<strong>Die</strong> planmäßige, bewußte Vernichtung und Aufteilung <strong>des</strong> Gemeineigentums,<br />
das war der unverrückbare Pol, nach dem sich der Kompaß der französischen<br />
Kolo nialpolitik ungeachtet aller Stürme im inneren Staatsleben während eines<br />
halben Jahrhunderts richtete, und zwar aus dem folgenden klar erkannten<br />
Doppelinteresse. <strong>Die</strong> Vernichtung <strong>des</strong> Gemeineigentums sollte vor allem die<br />
Macht der arabischen Geschlechter als sozialer Verbände zertrümmern und damit<br />
ihren hartnäckigen Widerstand gegen das französische Joch brechen, der<br />
sich trotz aller Militärübermacht Frankreichs in unaufhörlichen Rebellionen der<br />
Stämme kundtat und einen unaufhörlichen Kriegszustand in der Kolonie zur<br />
Folge hatte.²¹⁶ Ferner war der Ruin <strong>des</strong> Gemeineigentums eine Vorbedingung,<br />
um in den wirtschaftlichen Genuß <strong>des</strong> eroberten Lan<strong>des</strong> zu treten, d. h. den seit<br />
einem Jahrtausend von den Arabern besessenen Grund und Boden ihren Händen<br />
zu entreißen und in die Hände französischer Kapitalisten zu bringen. Zu diesem<br />
Behufe diente vor allem dieselbe uns schon bekannte Fiktion, wonach der gesamte<br />
Grund und Boden nach muselmännischem Gesetz Eigentum <strong>des</strong> jeweiligen<br />
Herrschers wäre. Genau wie die Engländer in Britisch-Indien erklärten die<br />
Gouverneure Louis-Philippes in Algerien die Existenz eines Gemeineigentums<br />
ganzer Geschlechter für eine ›Unmöglichkeit‹ Auf Grund dieser Fiktion wurden<br />
die meisten unbebauten Ländereien, namentlich aber die Almenden, Wälder<br />
und Wiesen für Staatseigentum erklärt und zu Kolonisationszwecken verwendet.<br />
Es kam ein ganzes System der Ansiedelungen, die sog. Cantonnements, auf,<br />
bei dem inmitten der Geschlechterländereien französische Kolonisten gesetzt,<br />
<strong>Die</strong> geschichtlichen Bedingungen der <strong>Akkumulation</strong> 247<br />
A <strong>Die</strong> herrschende Klasse der<br />
bürgerlichen Gesellschaft ist die<br />
Bourgeoisie, ihre ökonomische<br />
[Herrschafts]Basis ist die kapitalistische<br />
Produktionsweise; eine<br />
›nichtkapitalistische‹ Bourgeoisie<br />
[Klasse] gibt es nicht. Lediglich:<br />
nicht jeder Bourgeois ist ›industrieller<br />
Kapitalist‹, Personifikation <strong>des</strong><br />
›industriellen <strong>Kapitals</strong>‹. ›Kapital‹<br />
ist ein [soziales] Verhältnis, seine<br />
Verdinglichung [zum Subjekt] ein<br />
›Fetisch‹.<br />
216 ›Wir müssen uns beeilen‹,<br />
erklärte in der Nationalversammlung<br />
1851 der Abgeordnete<br />
Didier als Berichterstatter, ›die<br />
Geschlechts verbände aufzulösen,<br />
denn sie sind der Hebel jeder Opposition<br />
gegen unsere Herrschaft.‹