Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
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Das ähnelt der ›Siedlungspolitik‹<br />
<strong>des</strong> Staates Israel [Palästina]; vgl.<br />
dazu die Landkarten in: Atlas der<br />
Globalisierung, Berlin 2003, S.168,<br />
S.174—177.<br />
217 Zit. bei: Kowalewski: l.c.,<br />
S.217. Bekanntlich ist in Frankreich<br />
seit der großen Revolution [1789]<br />
Mode, jede Opposition gegen die<br />
Regie rung als offene oder versteckte<br />
Verteidigung <strong>des</strong> ›Feudalismus‹<br />
zu bezeichnen.<br />
die Stämme selbst aber auf einem minimalen Gebiet zusammengepfercht werden<br />
sollten. A Durch Er lasse vom Jahre 1830, 1831, 1840, 1844, 1845, 1846<br />
wurden diese <strong>Die</strong>bstähle an arabischen Geschlechterländereien ›gesetzlich‹ begründet.<br />
<strong>Die</strong>ses Ansiedelungssystem führte aber in Wirklichkeit gar nicht zur<br />
Kolonisation, es hat bloß zügellose Spekulation und Wucher großgezogen. <strong>Die</strong><br />
Araber verstanden in den meisten Fällen, die ihnen weggenommenen Ländereien<br />
zurückzukaufen, wobei sie freilich tief in Schulden gerieten. Der französische<br />
Steuerdruck wirkte nach derselben Richtung. Namentlich aber hat das<br />
Gesetz vom 16. Juni 1851, das alle Forsten zum Staatseigentum erklärte und so<br />
2,4 Millionen Hektar halb Weide, halb Gestrüpp den Eingeborenen stahl, der<br />
Viehzucht die Existenzbasis entzogen. Unter dem Platzregen all dieser Gesetze,<br />
Ordonnanzen und Maßnahmen entstand in den Eigentumsverhältnissen <strong>des</strong><br />
Lan<strong>des</strong> eine unbeschreibliche Verwirrung. Zur Ausnutzung der herrschenden fi eberhaften<br />
Bodenspekulation und in der Hoff nung auf baldige Zurückgewinnung<br />
<strong>des</strong> Bodens veräußerten viele Eingeborene ihre Grundstücke an Franzosen, wobei<br />
sie häufi g an zwei und drei Käufer zugleich dasselbe Grundstück verkauften,<br />
das sich obendrein gar nicht als ihr Eigentum, sondern als unveräußerliches<br />
Geschlechtereigentum herausstellte. So glaubte eine Spekulantengesellschaft aus<br />
Rouen 20 000 Hektar gekauft zu haben, während sie im Resultat nur 1 370 Hektar<br />
strittigen Gebietes ihr eigen nennen durfte. In einem anderen Falle stellte<br />
sich ein verkauftes Gebiet von 1 230 Hektar nach der Aufteilung als 2 Hektar<br />
aus. Es folgte eine unendliche Reihe von Prozessen, wobei die französischen<br />
Gerichte prinzipiell alle Aufteilungen und Ansprüche der Käufer unterstützten.<br />
Unsicherheit der Verhältnisse, Spekulation, Wucher und Anarchie wurden allgemein.<br />
Aber der Plan der französischen Regierung, sich mitten in der arabischen<br />
Bevölkerung eine starke Stütze in einer französischen Kolonistenmasse zu schaffen,<br />
hat elend Schiff bruch gelitten. Deshalb nimmt die französische Politik unter<br />
dem Zweiten Kaiserreich eine andere Wendung: <strong>Die</strong> Regierung, die sich nach<br />
30 Jahren hartnäckigen Leugnens <strong>des</strong> Gemeineigentums in ihrer europäischen<br />
Borniertheit eines Besseren hat belehren lassen müssen, erkannte endlich offi ziell<br />
die Existenz <strong>des</strong> ungeteilten Geschlechtereigentums an, doch nur, um im gleichen<br />
Atem die Notwendigkeit seiner gewaltsamen Aufteilung zu proklamieren.<br />
<strong>Die</strong>sen Doppelsinn hat der Senatuskonsult vom 22. April 1863. ›<strong>Die</strong> Regierung‹,<br />
erklärte General Allard im Staatsrat, ›verliert nicht aus dem Auge, daß das allgemeine<br />
Ziel ihrer Politik dies ist, den Einfl uß der Geschlechtervorsteher zu<br />
schwächen und die Geschlechter aufzulösen. Auf diese Weise wird es die letzten<br />
Reste <strong>des</strong> Feudalismus (!) beseitigen, als <strong>des</strong>sen Verteidiger die Gegner der<br />
Regierungs vorlage auftreten. <strong>Die</strong> Herstellung <strong>des</strong> Privateigentums, die<br />
Ansiedelung europäischer Kolonisten inmitten der arabischen Geschlechter …,<br />
das werden die sichersten Mittel zur Beschleunigung <strong>des</strong> Aufl ösungsprozesses<br />
der Geschlechtsverbände sein.‹²¹⁷ Das Gesetz vom Jahre 1863 schuf zum Zwecke<br />
der Aufteilung der Ländereien besondere Kommissionen, die folgendermaßen<br />
zusammengesetzt waren: ein Brigadegeneral oder Hauptmann als Vorsitzender,<br />
ferner ein Unterpräfekt, ein Beamter der arabischen Militärbehörden und ein<br />
Beamter der Domänenverwaltung. <strong>Die</strong>sen geborenen Kennern wirtschaftlicher<br />
und sozialer Verhältnisse Afrikas wurde die dreifache Aufgabe gestellt: erst die<br />
Grenzen der Geschlechtergebiete genau abzustecken, dann das Gebiet je<strong>des</strong> einzelnen<br />
Geschlechts unter seine einzelnen Zweige oder Großfamilien aufzuteilen<br />
und endlich auch diese Großfamilienländereien in einzelne Privatparzellen zu<br />
248 <strong>Die</strong> geschichtlichen Bedingungen der <strong>Akkumulation</strong>