02.01.2013 Aufrufe

Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub

Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub

Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Dreiundzwanzigstes Kapitel<br />

<strong>Die</strong> ›Disproportionalität‹ <strong>des</strong> Herrn Tugan-Baranowski<br />

Wir behandeln diesen Th eoretiker zum Schluß – obwohl er seine Auff assung<br />

in russischer Sprache schon 1894, vor Struve und Bulgakow, formuliert<br />

hatte –, teils weil er erst später in deutscher Sprache seine Th eorie in den ›Studien<br />

zur Th eorie und Geschichte der Handelskrisen in England‹ 1901 und in<br />

den ›Th eoretischen Grundlagen <strong>des</strong> Marxismus‹ 1905 in reifer Form entwikkelt<br />

hat, teils weil er derjenige ist, der aus den gemeinsamen Prämissen der genannten<br />

marxistischen Kritiker die weitgehendsten Konsequenzen gezogen hat.<br />

Auch Tugan-Baranowski geht wie Bulgakow von der Marxschen Analyse<br />

der gesellschaftlichen Reproduktion aus. Auch er hat erst in dieser Analyse<br />

den Schlüssel gefunden, um sich in dem ganzen verworrenen und verwirrenden<br />

Komplex von Problemen zurechtzufi nden. Während aber Bulgakow als begeisterter<br />

Adept der Marxschen Lehre diese nur getreu zu entwickeln sich bemüht<br />

und seine Schlüsse einfach dem Meister imputiert, belehrt Tugan-Baranowski<br />

umgekehrt Marx, der es nicht verstanden habe, seine eigene glänzende<br />

Untersuchung <strong>des</strong> Reproduktionsprozesses zu verwerten. Der wichtigste allgemeine<br />

Schluß, zu dem Tugan auf Grund der Marxschen Sätze gelangt und den<br />

er zum Angelpunkt seiner ganzen Th eorie macht, ist der, daß die kapitalistische<br />

<strong>Akkumulation</strong> – entgegen der Annahme der Skeptiker – nicht bloß bei den kapitalistischen<br />

Formen <strong>des</strong> Einkommens und der Konsumtion möglich, sondern<br />

daß sie von Einkommen und Konsumtion überhaupt unabhängig sei. Nicht<br />

die Konsumtion – die Produktion selbst sei ihr eigener bester Absatz. Deshalb<br />

sei Produktion mit Absatz identisch und, da die Produktionsausdehnung an<br />

sich unbeschränkt, habe auch die Aufnahmefähigkeit für ihre Produkte,<br />

der Absatz, keine Schranken. ›<strong>Die</strong> angeführten Schemata‹, sagt er, ›mußten zur<br />

Evidenz den an sich sehr einfachen Grundsatz beweisen, welcher aber bei ungenügendem<br />

Verständnis <strong>des</strong> Prozesses der Reproduktion <strong>des</strong> gesellschaftlichen<br />

<strong>Kapitals</strong> leicht Einwände hervorruft, nämlich den Grundsatz, daß die kapitalistische<br />

Produktion für sich selbst einen Markt schaff t. Ist es nur möglich, die<br />

gesellschaftliche Produktion zu erweitern, reichen die Produktivkräfte dazu aus,<br />

so muß bei der proportionellen Einteilung der gesellschaftlichen Produktion<br />

auch die Nachfrage eine entsprechende Erweiterung erfahren, denn unter diesen<br />

Bedingungen repräsentiert jede neuproduzierte Ware eine neuerschienene<br />

Kaufkraft für die Erwerbung anderer Waren. Aus der Vergleichung der einfachen<br />

Reproduktion <strong>des</strong> gesellschaftlichen <strong>Kapitals</strong> mit <strong>des</strong>sen Reproduktion auf<br />

erweiterter Stufenleiter kann man den höchst wichtigen Schluß ziehen, daß in<br />

der kapitalistischen Wirtschaft die Nachfrage nach Waren vom Gesamtumfang<br />

der gesellschaftlichen Konsumtion in einem gewissen Sinne unabhängig ist: Es<br />

kann der Gesamtumfang der gesellschaftlichen Konsumtion zurückgehen und<br />

zugleich die gesamte gesellschaftliche Nachfrage nach Waren wachsen, wie absurd<br />

das auch vom Standpunkte <strong>des</strong> ‚gesunden’ Menschenverstan<strong>des</strong> erscheinen<br />

mag.‹¹⁷¹ Und ebenso weiter: ›Als Resultat unserer abstrakten Analyse<br />

<strong>des</strong> Prozesses der Reproduktion <strong>des</strong> gesellschaftlichen <strong>Kapitals</strong> hat sich der<br />

Schluß ergeben, daß es bei einer proportionellen Einteilung der gesellschaftlichen<br />

Produktion kein überschüssiges gesellschaftliches Produkt geben kann.‹¹⁷²<br />

Von hier aus revidiert Tugan die Marxsche Krisentheorie, die angeblich auf<br />

der Sismondischen ›Unterkonsumtion‹ beruhe: ›<strong>Die</strong> verbreitete Meinung, die<br />

Geschichtliche Darstellung <strong>des</strong> Problems 199<br />

171 Studien zur Theorie und<br />

Geschichte der Handelskrisen in<br />

England, Jena 1901, S.25<br />

172 l.c., S.34

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!