Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
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Produktivkraft entwickelt, um so mehr gerät sie in Widerstreit mit der engen<br />
Basis, worauf die Konsumtionsverhältnisse beruhen. Es ist auf dieser widerspruchsvollen<br />
Basis durchaus kein Widerspruch, daß Übermaß von Kapital verbunden<br />
ist mit wachsendem Übermaß von Bevölkerung; denn obgleich, beide<br />
zusammengebracht, die Masse <strong>des</strong> produzierten Mehrwerts sich steigern würde,<br />
steigert sich eben damit der Widerspruch zwischen den Bedingungen, worin<br />
dieser Mehrwert produziert, und den Bedingungen, worin er realisiert wird.‹¹⁹⁵<br />
Vergleicht man diese Schilderung mit dem Schema der erweiterten Reproduktion,<br />
so stimmen sie durchaus nicht überein. Nach dem Schema besteht zwischen<br />
der Produktion <strong>des</strong> Mehrwerts und seiner Realisierung gar kein immanenter<br />
Widerspruch, vielmehr immanente Identität. Der Mehrwert kommt hier<br />
von vornherein in einer ausschließlich für die Bedürfnisse der <strong>Akkumulation</strong><br />
berechneten Naturalgestalt zur Welt. Er kommt als zuschüssiges Kapital schon<br />
aus der Produktionsstätte heraus. Damit ist seine Realisierbarkeit gegeben, nämlich<br />
in dem <strong>Akkumulation</strong>strieb der Kapitalisten selbst. <strong>Die</strong>se lassen, als Klasse,<br />
den von ihnen angeeigneten Mehrwert im voraus A ausschließlich in der<br />
Sachgestalt produzieren, die seine Verwendung zur weiteren <strong>Akkumulation</strong> sowohl<br />
ermöglicht als bedingt. <strong>Die</strong> Realisierung <strong>des</strong> Mehrwerts und seine Akkumu<br />
lation sind hier nur zwei Seiten eines und <strong>des</strong>selben Vorgangs, sind begriff -<br />
lich identisch. Für den Prozeß der Reproduktion, wie er im Schema dargestellt<br />
ist, ist die Konsumtionskraft der Gesellschaft <strong>des</strong>halb auch keine Schranke der<br />
Produktion. Hier schreitet die Erweiterung der Produktion von Jahr zu Jahr<br />
automatisch fort, ohne daß die Konsumtionskraft der Gesellschaft über ihre<br />
›antagonistischen Distributionsverhältnisse‹ hinausgegangen wäre. <strong>Die</strong>ses automatische<br />
Fortschreiten der Erweiterung, der <strong>Akkumulation</strong>, ist freilich ›Gesetz<br />
für die kapitalistische Produktion – bei Strafe <strong>des</strong> Untergangs‹. Aber nach der<br />
Analyse im dritten Bande ›muß der Markt daher beständig ausgedehnt werden‹,<br />
›der Markt‹ off enbar über die Konsumtion B der Kapitalisten und der Arbeiter<br />
hin aus. Und wenn Tugan-Baranowski den unmittelbar darauff olgenden Satz bei<br />
Marx: ›Der innere Widerspruch sucht sich auszugleichen durch Ausdehnung<br />
<strong>des</strong> äußern Fel<strong>des</strong> der Produktion‹ so interpretiert, als ob Marx mit dem ›äußern<br />
Feld der Produktion‹ eben die Produktion selbst gemeint habe, so tut er damit<br />
nicht bloß dem Sinn der Sprache, sondern auch dem klaren Gedankengang<br />
Marxens Gewalt an. Das ›äußere Feld der Produktion‹ ist hier klar und unzweideutig<br />
nicht die Produktion selbst, sondern die Konsumtion, die ›beständig ausgedehnt<br />
werden muß‹. Daß Marx so und nicht anders dachte, dafür zeugt genügend<br />
z. B. die folgende Stelle in den ›Th eorien über den Mehrwert‹: ›Ric[ardo]<br />
leugnet daher konsequent die Notwendigkeit einer Erweiterung <strong>des</strong> Markts mit<br />
Erweiterung der Produktion und Wachstum <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong>. Alles Kapital, das in<br />
einem Lande vorhanden ist, kann auch vorteilhaft in diesem Lande verwandt<br />
werden. Er polemisiert daher gegen A. Smith, der einerseits seine (Ric[ardos])<br />
Ansicht aufgestellt und mit seinem gewöhnlichen vernünftigen Instinkt ihr auch<br />
widersprochen hat.‹¹⁹⁶<br />
Und noch eine andere Stelle bei Marx zeigt deutlich, daß ihm der Tugan-<br />
Baranowskische Einfall einer Produktion um der Produktion willen völlig<br />
fremd war: ›Außerdem fi ndet, wie wir gesehn haben (Buch II, Abschn. III),<br />
eine beständige Zirkulation statt zwischen konstantem Kapital und konstantem<br />
Kapital (auch abgesehn von der beschleunigten <strong>Akkumulation</strong>), die insofern<br />
zunächst unabhängig ist von der individuellen Konsumtion, als sie nie in<br />
<strong>Die</strong> geschichtlichen Bedingungen der <strong>Akkumulation</strong> 223<br />
195 Das Kapital Bd. III, Teil 1,<br />
S.224ff [Karl Marx: Das Kapital,<br />
Dritter Band. In Karl Marx/Friedrich<br />
Engels: Werke, Bd.25, S.253—255]<br />
A nicht nur zeitlich, sondern<br />
mit Voraussicht, absichtlich, sie<br />
legen die Produktion so an, daß<br />
das Mehrprodukt in der für die<br />
<strong>Akkumulation</strong> benötigten Stoffgestalt<br />
[›bestimmten Sachgestalt‹]<br />
und Menge vorliegt; ›ausschließlich‹<br />
cum grano salis oder cum<br />
sacco pleno errorum: Irrtum eben<br />
eingeschlossen.<br />
B ›produktive und unproduktive<br />
Konsumtion‹<br />
196 Theorien, Bd. II, Teil 2,<br />
S.305. [Karl Marx: Theorien über<br />
den Mehrwert, Zweiter Teil.<br />
In: Karl Marx/Friedrich Engels:<br />
Werke, Bd.26.2, S.525]<br />
Dazu a.a.O., 2. Absatz: ›Ist daher<br />
zugegeben, daß der Markt sich erweitern<br />
muß, soll keine Über produktion<br />
stattfinden, so ist auch<br />
zugegeben, daß Überpro duktion<br />
statt finden kann, denn es ist dann<br />
möglich, da Markt und Pro duktion<br />
zwei gegeneinander gleichgül<br />
tige [Momente sind], daß die<br />
Erweiterung <strong>des</strong> einen der Erweiterung<br />
der andren nicht entspricht,<br />
daß die Schranken <strong>des</strong> Markts<br />
sich nicht rasch genug für die<br />
Produktion ausdehnen, oder daß<br />
neue Märkte – neue Ausdehnungen<br />
<strong>des</strong> Markts – von der Produktion<br />
rasch überholt werden können,<br />
so daß der erweiterte Markt nun<br />
ebenso sehr als eine Schranke<br />
erscheint wie früher der engere.‹