Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
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77 Wladimir Iljin: Ökonomi sche<br />
Studien und Artikel, Peters burg<br />
1899. [W. I. Lenin: Zur Cha rakteristik<br />
der ökonomischen Roma ntik.<br />
In: Werke, Bd.2, S.121—264]<br />
öff entlichen Kalamität aus, und wir haben die Krise. So bildet die kleinbürgerliche<br />
Ausfl ucht der Dämpfung der <strong>Akkumulation</strong> die Lösung Sismondis. <strong>Die</strong><br />
Polemik gegen die klassische Schule, die die unumschränkte Entfaltung der<br />
Produktivkräfte und Erweiterung der Produktion befürwortete, ist ein ständiger<br />
Kehrreim Sismondis, und der Warnung vor den fatalen Folgen <strong>des</strong> unumschränkten<br />
Dranges zur <strong>Akkumulation</strong> ist sein ganzes Werk gewidmet.<br />
<strong>Die</strong> Darlegung Sismondis hat seine Unfähigkeit bewiesen, den Prozeß der<br />
Reproduktion als Ganzes zu begreifen. Von seinem mißlungenen Versuch abgesehen,<br />
die Kategorien Kapital und Einkommen gesellschaftlich auseinanderzuhalten,<br />
leidet seine Reproduktionstheorie an dem fundamentalen Irrtum, den<br />
er von Ad. Smith übernommen, nämlich an der Vorstellung, daß das jährliche<br />
Gesamtprodukt in persönlicher Konsum tion restlos auf gehe, ohne für<br />
die Erneuerung <strong>des</strong> konstanten <strong>Kapitals</strong> der Gesellschaft einen Wertteil übrigzulassen,<br />
<strong>des</strong>gleichen, daß die <strong>Akkumulation</strong> nur in der Verwandlung <strong>des</strong> kapitalisierten<br />
Mehrwerts in zuschüssiges variables Kapital bestehe. Wenn jedoch spätere<br />
Kritiker Sismondis, wie z.B. der russische Marxist Iljin ⁷⁷, mit dem Hinweis<br />
auf diesen fundamentalen Schnitzer in der Wertanalyse <strong>des</strong> Gesamtprodukts<br />
die ganze <strong>Akkumulation</strong>stheorie Sismondis als hinfällig, als ›Unsinn‹ mit einem<br />
überlegenen Lächeln abtun zu können glaubten, so bewiesen sie dadurch nur,<br />
daß sie ihrerseits das eigentliche Problem gar nicht bemerkten, um das es sich bei<br />
Sismondi handelte. Daß durch die Beachtung <strong>des</strong> Wertteils im Gesamtprodukt,<br />
der dem konstanten Kapital entspricht, das Problem der <strong>Akkumulation</strong> noch<br />
bei weitem nicht gelöst ist, bewies am besten später die eigene Analyse von Marx,<br />
der als erster jenen groben Schnitzer Ad. Smith’ aufgedeckt hatte. Noch drastischer<br />
bewies dies aber ein Umstand in den Schicksalen der Sismondischen<br />
Th eorie selbst. Durch seine Auff assung ist Sismondi in die schärfste Kontroverse<br />
mit den Vertretern und Verfl achern der klassischen Schule geraten: mit Ricardo,<br />
Say und MacCulloch. <strong>Die</strong> beiden Seiten vertraten hier zwei entgegengesetzte<br />
Standpunkte: Sismondi die Unmöglichkeit der <strong>Akkumulation</strong>, Ricardo, Say<br />
und MacCulloch hingegen deren schrankenlose Möglichkeit. Nun standen aber<br />
in bezug auf jenen Smithschen Schnitzer beide Seiten genau auf demselben<br />
Boden: Wie Sismondi, so sahen auch seine Widersacher von dem konstanten<br />
Kapital bei der Reproduktion ab, und niemand hat die Smithsche Konfusion in<br />
bezug auf die Aufl ösung <strong>des</strong> Gesamtprodukts in v + m in so pretentiöser Weise<br />
zu einem unerschütterlichen Dogma gestempelt wie gerade Say.<br />
<strong>Die</strong>ser erheiternde Umstand sollte eigentlich genügen, um zu beweisen,<br />
daß wir das Problem der <strong>Akkumulation</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong> noch lange nicht zu lösen<br />
imstande sind, wenn wir bloß dank Marx wissen, daß das gesellschaftliche<br />
Gesamtprodukt außer Lebensmitteln zur Konsumtion der Arbeiter und<br />
Kapitalisten (v + m) noch Produktionsmittel (c) zur Erneuerung <strong>des</strong> Verbrauchten<br />
enthalten muß und daß dementsprechend die <strong>Akkumulation</strong> nicht bloß in<br />
der Vergrößerung <strong>des</strong> variablen, sondern auch in der Vergrößerung <strong>des</strong> konstanten<br />
<strong>Kapitals</strong> besteht. Wir werden später sehen, zu welchem neuen Irrtum<br />
in bezug auf die <strong>Akkumulation</strong> diese nachdrückliche Betonung <strong>des</strong> konstanten<br />
Kapitalteils im Reproduktionsprozeß geführt hat. Hier jedoch mag die<br />
Konstatierung der Tatsache genügen, daß der Smithsche Irrtum in bezug<br />
auf die Reproduktion <strong>des</strong> Gesamtkapitals nicht etwa eine spezielle Schwäche in<br />
der Position Sismondis darstellte, sondern vielmehr den gemeinsamen Boden,<br />
auf dem die erste Kontroverse um das Problem der <strong>Akkumulation</strong> ausgefochten<br />
112 Geschichtliche Darstellung <strong>des</strong> Problems