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Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub

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254 siehe Earl of Cromer: Das<br />

heutige Ägypten, Bd. I, deutsch<br />

1908, S.11<br />

A›717 Tonnen Gold<br />

B 20 Prozent Zinsen und mehr<br />

sind nach gegenwärtiger nicht<br />

nur Bankenvorstellung trotz Krise<br />

[2009] noch immer eine ›normale‹<br />

Kapitalrendite.<br />

C Nun gilt noch immer, wie<br />

Butler sagt, ›The value of a thing/<br />

Is just as much as it will bring‹<br />

[in: Karl Marx , MEW 23, Berlin<br />

1972, S.51]. Der Zusammenbruch<br />

der Spekulation und die begleitende<br />

Verwahr losung ›entwertet‹<br />

auch die ›Beute‹ oder die Besitztitel.<br />

Bei der ersten Ahnung einer<br />

Zahlungsunfähigkeit geht es unter<br />

den allerdings ungleichen Speku<br />

lanten folglich zu wie bei der<br />

›Reise nach Jerusalem‹: in letzter<br />

Konsequenz ›modernerer Zeiten‹<br />

bleibt die Rentneroma, stellvertreten<strong>des</strong><br />

medial-rührseliges Zerrbild<br />

der Arbeiterklasse, ohne Stuhl. Sie<br />

muß nun auch bei ihrer vermittelnden<br />

Sparkasse anstehen – am HIV-<br />

Schalter. In Ägypten ist, neben<br />

einer zunehmend international integrierten<br />

Kompradorenbourgeoisie<br />

und dem ›Elend‹ der Fellachen, als<br />

für das kapitalistische System ›bedeutende<br />

Investition‹ und dadurch<br />

potentieller ›Kriegs grund‹ lediglich<br />

der Suez-Kanal geblieben.<br />

türkischen Oberherrn, dem Sultan, in die Hand gedrückt werden. 1870 folgte<br />

die Anleihe durch die Firma Bischoff sheim u. Goldschmidt im Betrage von nominell<br />

142 Millionen zu 7 Prozent, in Wirklichkeit 100 Millionen zu 13 Prozent.<br />

Sie diente dazu, die Kosten der Zuckerepisode zu decken. 1872 und 1873 folgten<br />

zwei Anleihen durch Oppenheim, eine kleine von 80 Millionen zu 14 Prozent<br />

und eine große von nominell 640 Millionen zu 8 Prozent, die aber, da die von<br />

den europäischen Bankhäusern aufgekauften Wechsel zu Einzahlungen benutzt<br />

wurden, in Wirklichkeit nur 220 Millionen in bar und die Reduktion der schwebenden<br />

Schuld auf die Hälfte einbrachte.<br />

1874 wurde noch der Versuch einer Lan<strong>des</strong>anleihe von 1 000 Millionen<br />

Mark gegen eine Jahresrente von 9 Prozent gemacht, der aber nur 68 Millionen<br />

ergab. <strong>Die</strong> ägyptischen Papiere standen auf 54 Prozent ihres Nennwerts. <strong>Die</strong><br />

öff entliche Schuld war im ganzen seit Said Paschas Tode binnen 13 Jahren von<br />

3 293 000 Pfund Sterling auf 94 110 000 Millionen Pfund Sterling, d. h. auf zirka<br />

2 Milliarden Mark gewachsen.²⁵⁴ A Der Zusammenbruch stand vor der Tür.<br />

Auf den ersten Blick stellen diese Kapitaloperationen den Gipfel <strong>des</strong><br />

Wahnwitzes dar. Eine Anleihe jagte die andere, die Zinsen alter Anleihen wurden<br />

mit neuen Anleihen gedeckt, und riesige Industriebestellungen bei dem englischen<br />

und französischen Industriekapital wurden mit englischem und französischem<br />

geborgtem Kapital bezahlt.<br />

In Wirklichkeit machte das europäische Kapital, unter allgemeinem<br />

Kopf schütteln und Stöhnen Europas über die tolle Wirtschaft Ismails, beispiellose,<br />

märchenhafte Geschäfte in Ägypten, Geschäfte, die dem Kapital in seiner<br />

weltgeschichtlichen Laufbahn nur einmal als eine phantastische, modernisierte<br />

Aufl age der biblischen fetten ägyptischen Kühe gelingen sollten. Vor allem<br />

bedeutete jede Anleihe eine wucherische Operation, bei der ein Fünftel bis<br />

ein Drittel B und darüber hinaus der angeblich geliehenen Summe an<br />

den Fingern der europäischen Bankiers kleben blieb. <strong>Die</strong> wucherischen Zinsen<br />

mußten aber so oder anders schließlich bezahlt werden. Wo fl ossen die Mittel<br />

dazu her? Sie mußten in Ägypten selbst ihre Quelle haben, und diese Quelle<br />

war der ägyptische Fellah, die Bauernwirtschaft. <strong>Die</strong>se lieferte in letzter Linie<br />

alle wichtigsten Elemente der grandiosen Kapitalunternehmungen. Sie lieferte<br />

den Grund und Boden, C da die in kürzester Zeit zu Riesendimensionen angewachsenen<br />

sogenannten Privatbesitzungen <strong>des</strong> Khediven, die die Grundlage<br />

der Be wässerungspläne, der Baumwoll- wie der Zuckerspekulation bildeten,<br />

durch Raub und Erpressung aus zahllosen Dörfern zusammengeschlagen<br />

wurden. <strong>Die</strong> Bau ernwirtschaft lieferte auch die Arbeitskraft, und zwar umsonst,<br />

wobei die Er haltung dieser Arbeitskraft während ihrer Ausbeutung ihre<br />

eigene Sorge war. <strong>Die</strong> Fronarbeit der Fellachen war die Grundlage der technischen<br />

Wunder, die euro päische Ingenieure und europäische Maschinen in<br />

Bewässerungsanlagen, Ver kehrs mitteln, in Landbau und Industrie Ägyptens<br />

schufen. Am Nilstauwerk bei Ka liub wie am Suezkanal, beim Eisenbahnbau<br />

wie bei der Errichtung der Dämme, auf den Baumwollplantagen wie in den<br />

Zuckerfabriken arbeiteten unübersehbare Scharen von Fronbauern, sie wurden<br />

nach Bedarf von einer Arbeit zur anderen geworfen und maßlos ausgebeutet.<br />

Mußte sich auch auf Schritt und Tritt die technische Schranke der<br />

fronenden Arbeitskraft in ihrer Verwendbarkeit für moderne Kapitalzwecke<br />

zeigen, so war dies auf der anderen Seite reichlich wettgemacht durch das<br />

unbegrenzte Kommando über Masse, Dauer der Ausbeutung, Lebens- und<br />

290 <strong>Die</strong> geschichtlichen Bedingungen der <strong>Akkumulation</strong>

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