Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
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›daß die Gesellschaft rapid<br />
wächst‹: ist eine ›zeitnah‹ befangene<br />
Unterstellung. Eine selbstbestimmte<br />
Gesellschaft, welche ihre<br />
›Produktion‹ planmäßig regelt, regelt<br />
auch ihre eigene Größe oder<br />
die Zahl ihrer Glieder. <strong>Die</strong> Gier einer<br />
profitgetriebenen Wachstumssucht<br />
nach Arbeitskräften ist ein ebensolcher<br />
Anachronismus wie ›eigene‹<br />
Kinder als lebendiges Spiel zeug<br />
zur Erfüllung eines sinnlosen Alltags.<br />
Über die früheren Vermehrungs<br />
antriebe, beispielsweise Altersicherung<br />
in einer großen Familie,<br />
muß eine entfaltete Menschheit<br />
nur noch aus historischem Interesse<br />
an ihrer eigenen Werdung nachdenken.<br />
Der Ansatz vom Bereich<br />
II her die Sache aufzuziehen ist<br />
dagegen aus Sicht einer klassenlosen<br />
Gesellschaft arbeitender<br />
menschlicher Individuen richtig.<br />
<strong>Die</strong> Werk zeuge sind nur zum<br />
Gebrauch für den Zweck im allgemeinen<br />
gleicher menschlicher<br />
Selbstverwirklichung. Ihre Funktion<br />
als Mittel der Herrschaft – derzeit<br />
in Form <strong>des</strong> Privateigentums<br />
als Mittel der Verfügungsgewalt<br />
über fremde Arbeitskraft – ist dann<br />
Vergangenheit.<br />
ݟber eine wachsende Anzahl<br />
Arbeitskräfte‹: bisher die Regel, in<br />
einer klassenlosen Gesellschaft [auf<br />
hist. höchstem Niveau der Produktivkraft<br />
der Arbeit] eher Ausnahme.<br />
<strong>Die</strong> Steigerung der Arbeitsproduktivität<br />
allein kann hinreichen, alle<br />
durch Arbeit zu erfüllenden Bedürfnisse<br />
der Gesellschaft zu befriedigen,<br />
längere oder kürzere Arbeitszeit<br />
bedarfsweise eingerechnet.<br />
Trotzdem behalten die Größenproportionen volle Gültigkeit. Das Produkt<br />
in I muß I c + II c gleichen; das bedeutet einfach, daß in der I. Abteilung<br />
alle von der Gesellschaft in ihrem jährlichen Arbeitsprozeß vernutzten Produktionsmittel<br />
jährlich erneuert werden müssen. Das Produkt II muß der Summe<br />
(v + m) I + (v + m) II gleichen; das bedeutet, daß an Lebensmitteln von der<br />
Gesellschaft je<strong>des</strong> Jahr soviel hergestellt werden, wie es den Bedürfnissen aller<br />
ihrer arbeitenden und nichtarbeitenden Mitglieder entspricht, nebst Rücklagen<br />
für Versicherungsfonds. <strong>Die</strong> Proportionen <strong>des</strong> Schemas erscheinen ebenso natürlich<br />
und notwendig in einer planmäßig geregelten wie in der kapitalistischen,<br />
auf Warenaustausch und Anarchie gegründeten Wirtschaftsweise. Damit ist die<br />
objektive gesellschaftliche Gültigkeit <strong>des</strong> Schemas erwiesen – ob es gleichwohl<br />
gerade als einfache Reproduktion sowohl in der kapitalistischen wie in der geregelten<br />
Gesellschaft nur theoretisch gedacht, in der Praxis nur ausnahmsweise<br />
vorkommen kann.<br />
Versuchen wir jetzt in derselben Weise das Schema der erweiterten<br />
Reproduktion nachzuprüfen.<br />
Stellen wir uns eine sozialistische Gesellschaft vor, und legen wir der<br />
Nachprüfung das Schema <strong>des</strong> zweiten Marxschen Beispiels zugrunde. Vom<br />
Standpunkt der geregelten Gesellschaft muß die Sache natürlich nicht von der<br />
Abteilung I, sondern von der Abteilung II angefaßt werden. Denken wir uns,<br />
daß die Gesellschaft rapid wächst, woraus sich ein wachsender Bedarf nach<br />
Lebensmitteln für Arbeitende und Nichtarbeitende ergibt. <strong>Die</strong>ser Bedarf steigt<br />
so rasch, daß – die Fortschritte der Produktivität der Arbeit vorläufi g beiseite gelassen<br />
– eine stets wachsende Menge Arbeit zur Herstellung von Lebensmitteln<br />
notwendig wird. <strong>Die</strong> erforderliche Menge Lebensmittel, ausgedrückt in der in<br />
ih nen steckenden gesellschaftlichen Arbeit, steige von Jahr zu Jahr, sagen wir,<br />
im Verhältnis 2 000 – 2 215 – 2 399 – 2 600 usw. Um diese wachsende Menge Lebens<br />
mittel her zustellen, sei technisch eine wachsende Menge von Produk<br />
tionsmitteln erforderlich, die, in gesellschaftlicher Arbeitszeit gemessen, im<br />
folgenden Verhältnis von Jahr zu Jahr wachse: 7 000 – 7 583 – 8 215 – 8 900 usw.<br />
Ferner sei, nach Annahme, zu dieser Erweiterung der Produktion eine jährliche<br />
Arbeitsleistung von 2 570 – 2798 – 3030 – 3284 (die Zahlen entsprechen<br />
den respektiven Summen von (v + m) I + (v + m) II) erforderlich. Und endlich<br />
sei die Verteilung der jährlich geleisteten Arbeit derart, daß die Hälfte davon<br />
je<strong>des</strong>mal zur Erhaltung der Arbeitenden selbst, ein Viertel zur Erhaltung<br />
der Nichtarbeitenden, ein letztes Viertel zur Erweiterung der Produktion<br />
<strong>des</strong> nächsten Jahres verwendet werden. Wir erhalten dann für die sozialistische<br />
Gesellschaft die Proportionen <strong>des</strong> zweiten marxschen Schemas der erweiterten<br />
Reproduktion. In der Tat ist eine Erweiterung der Produktion in je der<br />
Gesellschaft, so auch in der geregelten, nur dann möglich,<br />
1. wenn die Gesell schaft über eine wachsende Anzahl Arbeitskräfte verfügt,<br />
2. wenn die unmittelbare Erhaltung der Gesellschaft in jeder Arbeitsperiode<br />
nicht ihre ganze Arbeitszeit in Anspruch nimmt, so daß ein Teil der<br />
Zeit der Sorge für die Zukunft und ihre wachsenden Anforderungen<br />
gewidmet werden kann,<br />
3. wenn von Jahr zu Jahr eine genügend zunehmende Menge von Produktionsmitteln<br />
angefertigt wird, ohne die eine fortschreitende Erweiterung<br />
der Produktion nicht bewerkstelligt werden kann.<br />
70 Das Problem der Reproduktion