Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
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Freilich ergeben sich daraus gewisse Besonderheiten der Verhältnisse auch für<br />
die Gesellschaft im ganzen, nämlich erstens ›der Tausch‹ als Vermittler und<br />
zweitens die ungleiche Verteilung <strong>des</strong> Produkts. ›Allein sowenig alle diese Wirkungen<br />
verhindern, daß nach wie vor die Bewegung der Nationalproduktion und<br />
die Gestaltung <strong>des</strong> Nationalprodukts im allgemeinen dieselbe bleibt (wie unter<br />
der Herrschaft <strong>des</strong> Kommunismus), sowenig alterieren sie auch vom nationalen<br />
Standpunkt aus in irgendeiner Beziehung den bisher aufgestellten Gegensatz<br />
von Kapital und Einkommen.‹ Sismondi mühte sich gleich Smith und vielen<br />
anderen im Schweiße seines Angesichts ab, um den Begriff von Kapital und<br />
Einkommen aus den Widersprüchen der kapitalistischen Produktion zu entwirren;<br />
Rodbertus macht sich die Sache leichter: er sieht für die Gesellschaft<br />
im ganzen von allen Formbestimmtheiten der kapitalistischen Produktion<br />
ein fach ab und nennt ›Kapital‹ die Produktionsmittel und ›Einkommen‹ die<br />
Konsumtionsmittel – basta! ›Das Grund- und Kapitaleigentum hat nur in bezug<br />
auf die verkehrenden Individuen einen wesentlichen Einfl uß. Faßt man<br />
also die Nation als eine Einheit auf, so verschwinden seine Wirkungen auf<br />
die Individuen.‹¹³³ Man sieht, Rodbertus zeigt, sobald er an das eigentliche<br />
Problem, an das kapitalistische Gesamtprodukt und seine Bewegung, herantritt,<br />
die typische Geringschätzung <strong>des</strong> Utopisten für historische Besonderheiten der<br />
Produktion, und auf ihn paßt wie angegossen die Bemerkung, die Marx über<br />
Proudhon macht, daß, sobald er von der Gesellschaft im ganzen spricht, er so tut,<br />
als ob sie aufhörte, kapitalistisch zu sein a . Andererseits sieht man am Beispiel<br />
Rodbertus’ wieder, wie hilfl os die gesamte Nationalökonomie vor Marx in ihren<br />
Bemühungen herumtappte, sachliche Gesichtspunkte <strong>des</strong> Arbeitsprozesses<br />
mit Wertstandpunkten der kapitalistischen Produktion, Bewegungsformen <strong>des</strong><br />
Einzelkapitals mit denen <strong>des</strong> gesellschaftlichen Gesamtkapitals in Einklang zu<br />
bringen. <strong>Die</strong>se Bemühungen pendeln gewöhnlich zwischen zwei Extremen: der<br />
vulgären Auff assung à la Say, MacCulloch, für die überhaupt nur Gesichtspunkte<br />
<strong>des</strong> Einzelkapitals existieren, und der utopischen Auff assung à la Proudhon,<br />
Rodbertus, für die nur Standpunkte <strong>des</strong> Arbeitsprozesses existieren. Da lernt<br />
man erst schätzen, welches enorme Licht über die ganze Sache durch das Schema<br />
der einfachen Reproduktion von Marx verbreitet worden ist, wo alle jene Stand-<br />
punkte in ihrem Einklang wie in ihrem Widerspruch zusammengefaßt<br />
und wo der heillose Wirrwarr zahlloser Bände in zwei Zahlenreihen von verblüff<br />
ender Einfachheit aufgelöst ist.<br />
Daß bei einer solchen Auff assung von Kapital und Einkommen die kapitalistische<br />
Aneignung unerklärlich wird, versteht sich von selbst. Rodbertus<br />
erklärt sie denn auch einfach für ›Raub‹ und verklagt sie vor dem Forum <strong>des</strong><br />
Eigen tumsrechts, <strong>des</strong>sen schnöde Verletzung sie darstelle. ›Wenn also … diese<br />
persönliche Freiheit (der Arbeiter), die rechtlich das Eigentum am Wert <strong>des</strong><br />
Arbeitsprodukts involviert, infolge <strong>des</strong> vom Grund- und Kapitaleigentum über<br />
die Arbeiter geübten Zwanges in der Praxis wieder zur Entäußerung jenes<br />
Eigentumsanspruchs führt – so ist es, als ob eine instinktive Scheu, daß die<br />
Geschichte ihre strengen, unerbittlichen Syllogismen daraus ziehen könne, die<br />
Besitzer von dem Geständnis dieses großen und allgemeinen Unrechts abhielte.‹¹³⁴<br />
›Daher ist endlich diese (Rodbertussche) Th eorie in allen ihren Einzelheiten ein<br />
durchgängiger Beweis, daß jene Lobredner der heutigen Eigentumsverhältnisse,<br />
die sich doch wieder nicht entbrechen können, das Eigentum auf die Arbeit zu<br />
gründen, mit ihrem eigenen Prinzip im vollständigsten Widerspruch stehen. Sie<br />
Geschichtliche Darstellung <strong>des</strong> Problems 165<br />
133 l.c., Bd. I, S.292<br />
a Siehe Karl Marx: Das Elend der<br />
Philosophie. In: Karl Marx/Friedrich<br />
Engels: Werke, Bd.4, S.130/131<br />
134 l.c., Bd. II, S.136