Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
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105 l.c., Bd. I, S.182—184<br />
106 l.c., Bd. II, S.72<br />
Behauptung der klassischen Schule, ›die Arbeit habe nicht mehr Wert, als sie<br />
Lohn bekomme‹, nennt Rodbertus ›zynisch‹ und nimmt sich vor, ›die Reihe von<br />
Irrtümern‹ aufzudecken, die zu diesem ›krassen und unmoralischen Schlusse‹<br />
geführt haben.¹⁰⁵ ›Eine ebenso entehrende Vorstellung als die war, welche den<br />
Arbeitslohn nach dem notwendigen Unterhalt oder wie eine Maschinenreparatur<br />
schätzen ließ, hat auch bei der zur Tauschware gewordenen Arbeit, diesem Prinzip<br />
aller Güter, von einem ‚natürlichen Preise’ oder von ‚Kosten’ wie bei dem<br />
Produkt derselben gesprochen und diesen natürlichen Preis, diese Kosten der<br />
Ar beit in den Güterbetrag gesetzt, der nötig sei, um die Arbeit immer wieder<br />
auf den Markt zu bringen.‹ <strong>Die</strong>ser Warencharakter und die entsprechende<br />
Wert bestimmung der Arbeitskraft sind in<strong>des</strong> nichts als boshafte Verirrung der<br />
Freihandelsschule, und statt wie die englischen Ricardoschüler auf den Wi derspruch<br />
innerhalb der kapitalistischen Warenproduktion: zwischen der Wertbestimmung<br />
der Arbeit und der Wertbestimmung durch die Arbeit, hinzuweisen,<br />
zeiht Rodbertus als guter Preuße die kapitalistische Warenproduktion <strong>des</strong><br />
Widerspruchs – mit dem geltenden Staatsrecht. ›Welch ein törichter, unbeschreiblicher<br />
Widerspruch in der Auff assung derjenigen Nationalökonomen‹<br />
ruft er, ›welche die Arbeiter in ihrer rechtlichen Stellung über die Geschicke der<br />
Gesellschaft mitentscheiden und zugleich sie nationalökonomisch nur immer<br />
als Ware behandeln lassen wollen!‹¹⁰⁶<br />
Es fragt sich nur noch, weshalb sich die Arbeiter eine so törichte und<br />
schreiende Ungerechtigkeit gefallen lassen – ein Einwurf, der zum Beispiel von<br />
Hermann gegen die Ricardosche Werttheorie erhoben wurde. Darauf antwortet<br />
Rodbertus: ›Was hätten die Arbeiter tun sollen, wenn sie sich nach ihrer<br />
Freilassung jene Vorschrift nicht hätten gefallen lassen wollen? Stellen Sie sich<br />
deren Lage vor! <strong>Die</strong> Arbeiter sind nackt oder in Lumpen freigelassen worden,<br />
mit nichts als ihrer Arbeitskraft. Auch war mit der Aufhebung der Sklaverei oder<br />
der Leibeigenschaft die moralische oder rechtliche Verpfl ichtung <strong>des</strong> Herrn, sie<br />
zu füttern oder für ihre Notdurft zu sorgen, fortgefallen. Aber ihre Bedürfnisse<br />
waren geblieben; sie mußten leben. Wie sollten sie mit ihrer Arbeitskraft für dies<br />
Leben sorgen? Von dem in der Gesellschaft vorhandenen Kapital nehmen und<br />
damit ihren Unterhalt produzieren? Aber das Kapital in der Gesellschaft gehörte<br />
schon anderen als ihnen, und die Vollstrecker <strong>des</strong> ‚Rechts’ hätten es <br />
nicht gelitten.‹ Was blieb also den Arbeitern übrig? ›Nur eine Alternative: entweder<br />
das Recht der Gesellschaft umstürzen oder unter den ungefähren früheren<br />
wirtschaftlichen Bedingungen, wenn auch in veränderter rechtlicher Stellung,<br />
zu ihren früheren Herren, den Grund- und Kapitalbesitzern, zurückzukehren<br />
und als Lohn zu empfangen, was sie früher als Futter bekommen hatten!‹ Zum<br />
Glück für die Menschheit und den preußischen Rechtsstaat waren die Arbeiter<br />
›so weise‹, die Zivilisation ›nicht aus ihrer Bahn zu werfen‹ und sich lieber<br />
he ro isch den niederträchtigen Zumutungen ihrer ›früheren Herren‹ zu fügen.<br />
So entstand das kapitalistische Lohnsystem und das Lohngesetz als ›ungefähre<br />
Sklaverei‹, als ein Produkt <strong>des</strong> Gewaltmißbrauchs der Kapitalisten und der<br />
Zwangs lage sowie der sanften Fügsamkeit der Proletarier, wenn man den bahnbrechenden<br />
theoretischen Erklärungen <strong>des</strong>selben Rodbertus Glauben schenken<br />
soll, der von Marx bekanntlich theoretisch ›geplündert‹ worden ist. In bezug auf<br />
diese Lohntheorie ist jedenfalls die ›Priorität‹ Rodbertus’ unbestritten, denn die<br />
englischen Sozialisten und andere soziale Kritiker hatten das Lohnsystem viel<br />
weniger roh und primitiv analysiert. Das Originelle dabei ist, daß Rodbertus<br />
150 Geschichtliche Darstellung <strong>des</strong> Problems