Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies
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Das Mutterrecht in der Evolutionstheorie des 19. Jahrhunderts 97<br />
Buch ” Ancient Law. – Seine Verbindung zur Geschichte der frühen Gesellschaft<br />
und sein Verhältnis zu modernen Lehren“ (1861) zusammengefaßt. 119<br />
Der britische Kolonialbeamte Maine versuchte mit seinem ” Ancient Law“ (Antikes<br />
Recht) die Ursprünge und die unterschiedlichen rechtlichen Konzepte in der<br />
Tradition von Adam Ferguson (1723–1816) und Charles de Montesquieu (1689–<br />
1755) zu erklären. Beide, Bachofen und Maine, postulierten in ihren Werken,<br />
daß die europäische Familie das Resultat der evolutionären Modifikation sei,<br />
die von den antiken Verwandtschafts<strong>for</strong>men ausgegangen waren. 120 Maine gilt<br />
heute als Begründer der vergleichenden Rechtswissenschaft. Er arbeitete den Unterschied<br />
zwischen frühen ” niederen“ <strong>Gesellschaften</strong>, in denen persönliche Verwandtschaftsbindungen<br />
die wesentliche Grundlage des Zusammenhalts darstellten<br />
(Status-<strong>Gesellschaften</strong>) und den späteren ” höher stehenden“ Gesellschafts<strong>for</strong>men,<br />
wo der Zusammenhalt auf unpersönlichen Bindungen im Territorialstaat gründete<br />
(Vertrags-Gesellschaft), heraus. Die allgemeine Evolution des Rechts sei eine stetige<br />
Entwicklung vom Status-Recht im Verwandtschaftsverband zum Vertrags-Recht<br />
im Territorialverband, wie Maine in seinem Werk feststellte. Die Unterscheidung<br />
zwischen societas als frühes und civitas als späteres Entwicklungsstadium findet<br />
sich auch bei weiteren Evolutionisten, wie z.B. bei Morgan. 121<br />
Der schottische Jurist und Evolutionist John Ferguson McLennan (1827–1881)<br />
beschäftigte sich mit den wesentlichen Themen der Anthropologie: Heiratsregeln,<br />
Inzest, Frauenraub, prägte die Begriffe ” Exogamie“ und ” Endogamie“. Nach Justin<br />
Stagl postulierte McLennan gegen die von H.S. Maine vertretene Lehre von<br />
der patriarchalen Familie als Keimzelle des Staates eine Entwicklungsreihe der<br />
menschlichen Familie von der Gruppenpromiskuität über matriarchale Polyandrie<br />
und patriarchale Polygynie zur Monogamie. 122 McLennan 123 beschreibt in<br />
seinem Hauptwerk ” Primitive Marriage. – An Inquiry into the Origin of the Form<br />
119 Stein 1996, Römisches Recht und Europa, S.204. Henry Sumner Maine (1986): Ancient Law.<br />
– Its Connection With the Early History of Society, and Its Relation to Modern Ideas, (Reprint<br />
der Originalausgabe von 1864, Holt, New York), University of Arizona Press, Tucson. In der<br />
Ausgabe von 1986 wird der Autor beschrieben als: ” Sir Henry Sumner Maine (1822–88),<br />
the noted English jurist and historian, was a pioneer in the historical-comparative study of<br />
civilizations. After having served as reader to the Inns of Court and as professor of civil law<br />
at Cambridge University, Maine received a royal appointment as legal member of the viceroy’s<br />
council in India, where he helped codify Indian law. From 1869 until his death, Maine served<br />
as professor of jurisprudence at Ox<strong>for</strong>d University and as master of Trinity Hall and professor<br />
of international law at Cambrige University. Maine’s influence on the history of jurisprudence<br />
continues to this day.“ Als Kolonialadministrator schrieb Maine vergleichende Studien über<br />
Dorfgmeinschaften, die unter dem Titel: ” Village Communities in the East and West“ 1871<br />
veröffentlicht worden sind.<br />
120 Harris 1968, The Rise of Anthropological Theory, S.143.<br />
121 Raum 1983, Evolutionismus, S.277.<br />
122 Justin Stagl (1988): McLennan, John Ferguson, in: Walter Hirschberg (Hrsg.), Neues<br />
Wörterbuch der Völkerkunde, Ethnologische Paperbacks, Dietrich Reimer Verlag, Berlin, S.302.<br />
123 John F. McLennan (1865): Primitive Marriage. – An Inquiry into the Origin of the Form<br />
of Capture in Marriage Ceremonies, Edinburgh: Adam and Charles Black. Zitiert nach der<br />
Ausgabe 1970, herausgegeben und mit einer Einleitung von Peter Rivière.