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Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

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Einleitung: Grundlinien der Theorie 8<br />

Frauen (als ” Headwomen“ mit einem territorialen Einflußgebiet), die Feld<strong>for</strong>schungsergebnisse<br />

beziehen sich auf die 1930er Jahre.<br />

Bei der Bemba-Bevölkerung als typischer Ranggesellschaft konnte die von William<br />

Tulio Divale aufgestellte Theorie am deutlichsten bestätigt werden. Es heißt<br />

in den Oraltraditionen, daß sie von ihrem ursprünglichen Siedlungsgebiet in<br />

Belgisch-Kongo Mitte des 18. Jahrhunderts den Lualaba-Fluß überquerten und<br />

in ihr heutiges Siedlungsgebiet gelangten. Ihre kriegerischen Traditionen sollen<br />

sich erst mit ihrer nachfolgenden Expansion entwickelt haben, als sie die dort<br />

ansässige Bevölkerung verdrängten oder integrierten.<br />

Allen matrilinearen <strong>Gesellschaften</strong> ist gemeinsam, daß sie sich besonders durch<br />

ihre Anpassungsfähigkeit auszeichnen. Am Beispiel der Bemba wird dies nachgewiesen:<br />

grundsätzlich folgen sie einer unilinearen Abstammung, bilden also matrilineare<br />

Abstammungsgruppen mit der Ausnahme der Adoption. Die Möglichkeit<br />

der Adoption von neuen Mitgliedern in eine Abstammungsgruppe wird von matrilinearen<br />

<strong>Gesellschaften</strong> immer wieder genutzt, z.B. um den Fortbestand von<br />

Lineages zu sichern; dies hat unter anderem auch damit zu tun, daß die externale<br />

Kriegführung die Zahl der ehefähigen Männer drastisch reduzieren kann (siehe dazu<br />

die Beispiele der irokesischen Stämme). Bei der Bemba-Bevölkerung wird eine<br />

zusätzliche Kooperationsgruppe gebildet, die auf einer bilateralen Basis beruht.<br />

Diese Kooperationsgruppenbildung erhält vor allem bei der Dorfsegmentierung<br />

einen hohen Stellenwert und dürfte aus diesem Grunde auch für alle anderen<br />

matrilinearen <strong>Gesellschaften</strong> gelten, zumindest solange die Möglichkeit der Dorfsegmentierung<br />

besteht.<br />

Gemeinsam ist allen genannten matrilinearen <strong>Gesellschaften</strong>, daß sie heute bzw.<br />

bis vor nicht allzu langer Zeit uxorilokal und matrilinear organisiert waren und zur<br />

Zeit der Feld<strong>for</strong>schungsaufzeichnungen von der Subsistenzwirtschaft mit Brandrodungsfeldbau<br />

lebten. In ihren Konfliktlösungsstrategien zwischen den Geschlechtern,<br />

zwischen Männern und Männern, Frauen und Frauen haben sie unterschiedliche<br />

Traditionen entwickelt. Als markantes Merkmal gilt, daß matrilineare <strong>Gesellschaften</strong><br />

aggressives Handeln fast ausschließlich nach außen richten, aggressives<br />

Verhalten innerhalb einer Dorfgemeinschaft wenig schätzen und ein harmonisches<br />

Zusammenleben angestrebt wird. Das Verhalten von Maskenfiguren während der<br />

öffentlichen Auftritte steht dazu im Gegensatz: in ihrem Aussehen und ihren<br />

Bewegungen werden impulsive, aber auch aggressive Tendenzen sichtbar. Dies<br />

könnte eine Form von Aggressivitätsbewältigung von Männern sein.<br />

Im letzten Kapitel werden am Beispiel von Sumatra die frühen Einflüsse durch<br />

Handelsbeziehungen zwischen Indien und China in einem historischen Überblick<br />

zusammengefaßt. Die geographische Lage Sumatras und der damit verbundene<br />

Güter- und Ideenaustausch, der über Jahrhunderte stattfand, bevor die ersten Europäer<br />

in die Region kamen, waren wesentlich für die entstehende Minangkabau-<br />

Identität. Das Entstehen und der Zerfall von religiösen, politischen und handelsorientierten<br />

Zentren war immer mit Migrationsbewegungen verbunden. Es wird<br />

aufgrund von Inschriften, verschriftlichten Oraltraditionen und Mythen angenom-

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