29.08.2013 Aufrufe

Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Zusammenfassung 298<br />

en ihr Wissen an die Initiandinnen weitergeben, der Zusammenhang von Alter<br />

und Status zwischen Frauen bleibt bestehen, wie auch die Trennung zwischen den<br />

Geschlechtern. Dies könnte verhindern, daß die innergesellschaftlichen Konflikte<br />

zunehmen, die nach der Theorie von Otterbein und Otterbein bzw. Divale bei Virilokalität<br />

häufig auftreten. (4) Bei virilokaler Residenz hätten eigenlich die Initiationsriten<br />

der Mädchen nicht mehr dieselbe Bedeutung, die ihnen bei uxorilokaler<br />

Residenz zukommen. Nach Judith K. Brown wären vor allem bei matrilokaler und<br />

uxorilokaler Residenz die Initiationsriten für Mädchen wesentlich. Entscheidend<br />

sei, daß der postmaritale Wohnort der Frauen auch ihr Geburtsort ist. Um den<br />

Statuswechsel der Initiandin, aber auch für die Gesellschaft im allgemeinen, zu<br />

unterstreichen, wird den Initiationsriten der Mädchen große Aufmerksamkeit geschenkt.<br />

10 Die verheiratete Tochter lebt also weiterhin in der Hausgemeinschaft<br />

ihrer Mutter, ist aber nun selbst Ehefrau oder ebenfalls Mutter. Die Initiationsriten<br />

dienen vor allem den Frauen der Hausgemeinschaft, die Statusunterschiede<br />

zwischen den Frauen zu regulieren, um Konflikte zu vermeiden.<br />

(c) Die Bevölkerung der Zigua und Ngulu in Ost-Tanzania zählen nach Murdock<br />

zur nordöstlichen Küsten-Bantu-Gruppe und werden dem Zigula Cluster zugerechnet.<br />

Der Zigula Cluster wird in fünf Untergruppen gegliedert. (1) Bondei, (2)<br />

Kwere, (3) Luguru, (4) Nguru, (5) Zigula. Dabei zählen die Ngulu gemeinsam<br />

mit den Nguu, Wangulu, Wanguru zur vierten, der Nguru-Bevölkerungsgruppe;<br />

die Zigua mit den Ouazigoua, Wazegura, Zeguha und den Ruvu (Rouvou, Ruwu)<br />

zur Zigula-Bevölkerungsgruppe. Nach der Darstellung von Elisabeth Grohs (1995)<br />

hätten sich die matrilinearen und uxorilokalen Merkmale der Zigua und Ngulu<br />

bereits im 19. Jahrhundert mit der Übernahme des Islam stark verändert. Bei der<br />

Zigua- und Ngulu-Bevölkerung ist der Zyklus zur Patrilokalität und Patrilinearität<br />

beinahe wieder geschlossen. Bei Grohs finden sich darüber kaum Angaben,<br />

deshalb wird wiederum auf Murdock verwiesen, der über die Sozialorganisation<br />

der Zigua und Ngulu folgendes anführt: innerhalb des Zigula Clusters lebt das<br />

Ehepaar zu Beginn der Ehe (meist ein Jahr) nach matrilokalen Residenzmustern.<br />

Erweist sich die Ehe nach einem Jahr als stabil, folgt das Ehepaar patrilokalen<br />

Residenzmustern. 11<br />

Obwohl bei der Zigua- und Ngulu-Bevölkerung bereits in der Kolonialzeit die<br />

Vererbung über den Mutterbruder auf den Vater übertragen wurde, blieben die<br />

Matrilineages erhalten und die Fruchtbarkeit der Frauen sicherte ihren Fortbestand<br />

– wie Grohs anmerkt. In der Vergangenheit folgte der ersten Menstruation<br />

eines Mädchens eine mindestens einjährige Seklusion, die heute auf drei Monate<br />

am Land und in den Städten auf wenige Tage beschränkt ist. Bei den Ngulu<br />

wird häufig zu Beginn der Seklusion eine Labiadectomie durchgeführt; bei einigen<br />

Zigua-Gemeinschaften erfolgt diese Beschneidungs<strong>for</strong>m erst nach der Geburt des<br />

10Judith K. Brown (1963): A Cross-Cultural Study of Female Initiation Rites, Amerikan<br />

Anthropologist 65, S.837–853.<br />

11George Peter Murdock (1959): AFRICA. – Its Peoples and Their Culture History, McGraw-<br />

Hill Book Company, New York, Toronto, London, S.310.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!