29.08.2013 Aufrufe

Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Zusammenfassung 290<br />

Matriarchatsfrage gestellt wird, nicht im Rechtssinn, sondern über den religiösen<br />

Bereich, wie die folgenden Buchtiteln zeigen: ” Wiederbelebung der Göttinnen?“<br />

(1989) von Susanne Heine; oder ” Göttinnendämmerung. – Das Matriarchat aus<br />

archäologischer Sicht“ (1996) von Brigitte Röder, Juliane Hummel und Brigitta<br />

Kunz, aber auch ” Das Matriarchat II.1. – Stammesgesellschaften in Ostasien,<br />

Indonesien, Ozeanien“ (1991) von Heide Göttner-Abendroth. Diese Diskussionen,<br />

die wiederum von ” Herrschaft“ und ” Herrschaftsbeziehungen“ zwischen den Geschlechtern<br />

ausgehen, fallen meines Erachtens hinter den Forschungsstand von<br />

Marianne Weber zurück. Meine Kritik an diesen Schriften besteht im wesentlichen<br />

darin, daß sie die Befunde der ethnologischen Forschung zu matrilinearen<br />

<strong>Gesellschaften</strong> nicht zur Kenntnis nehmen. Vier Punkte erscheinen mir dazu so<br />

wichtig, um sie hier noch einmal anzuführen:<br />

1. Insbesondere die ethnologischen Forschungsergebnisse zu Jäger- und<br />

Sammlergesellschaften zeigen, daß es keine wie immer gearteten institutionalisierten<br />

Herrschaftsbeziehungen – welcher Art auch immer – gibt; auch<br />

der ursprüngliche Homo sapiens, der als solcher von den höheren Primaten<br />

unterschieden werden kann, muß als Jäger und Sammler gelebt haben. Die<br />

ethnologische Forschung findet auch keinerlei Hinweise auf biologisch begründbare<br />

” Herrschaftsbeziehungen“ in Jäger- und Sammlergesellschaften.<br />

Die Geschlechterbeziehungen können sich von den egalitären Strukturen<br />

dieser <strong>Gesellschaften</strong> folglich gar nicht unterscheiden.<br />

2. Beim Übergang zu Bodenbau und permanenten Siedlungen ergeben sich einige<br />

gravierende Veränderungen: es entsteht eine Differenz zwischen häuslichem<br />

Innenraum und öffentlichen Dorfplätzen; Heiratsregeln und postmaritaler<br />

Wohnort gewinnen an Bedeutung und daraus ergibt sich für<br />

einen Ehepartner ein Vorteil, wenn der Geburtsort gleichzeitig lebenslang<br />

der Wohnort bleibt, d.h. bei Patrilokalität, daß der Ehemann mit seinen<br />

Brüdern einen gemeinsamen Wohnort besitzt, oder im Falle von Matrilokalität/Uxorilokalität,<br />

daß die Ehefrau mit ihren Schwestern am selben Ort<br />

lebt. Verwandtschaftsbeziehungen, damit verbunden das Erbrecht von Nutzungsrechten<br />

an Grund und Boden, innerhalb einer Verwandtschaftsgruppe<br />

werden wesentlich.<br />

3. Die Kernfamilie als universale Institution der menschlichen Gesellschaft<br />

bleibt unangetastet, aber mit einem permanenten Wohnort entstehen unterschiedliche<br />

Kooperationsgruppen mit geschlechtlicher Arbeitsteilung. Die<br />

häufigeren und engeren sozialen Beziehungen einer seßhaften Gesellschaft<br />

stellen neue An<strong>for</strong>derungen an die Mitglieder, die durch Rechte und Pflichten<br />

normiert werden müssen. Die sexuellen Beziehungen werden innerhalb<br />

der Gesellschaft genauer geregelt. So entstehen z.B. polygame Familien<br />

durch Mehrfachheirat eines Ehepartners, d.h. ein Ehepartner ist Teil von<br />

zwei oder mehr Kernfamilien. Die erweiterte Familie beinhaltet zwei oder<br />

mehr Kernfamilien, die durch eine festgelegte Auswahl von zwei bis mehr

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!