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Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

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Das Mutterrecht in der Evolutionstheorie des 19. Jahrhunderts 113<br />

rung hervor, gleichzeitig hatten sie aber auch positive Auswirkungen: es entstanden<br />

Freiräume, wie z.B. verbesserte Bildungschancen sowohl für Männer als auch<br />

für Frauen (Universitätsstudium für Frauen, 1918 erhielten Frauen das Wahlrecht<br />

Deutschland/Österreich). 163<br />

Eine der ersten Frauen, die sich mit einer Publikation zum Matriarchat bemerkbar<br />

machte, war Bertha Eckstein-Diener. Jedoch veröffentlichte sie ihr Buch ” Mütter<br />

und Amazonen. Ein Umriß weiblicher Rechte“ (1932) unter dem Pseudonym Sir<br />

Galahad. Sie wollte mit ihrem Buch das Selbstbewußtsein der Frauen stärken und<br />

ihnen ihre eigene ” mutterrechtliche“ Vergangenheit wiedergeben. 164<br />

Unzählige weitere feministische Publikationen über das ” Mutterrecht“ oder ” Matriarchat“<br />

folgten, die aber in dieser Arbeit nur im Überblick behandelt werden<br />

können. Es stellt sich wiederholt die Frage, warum das Mutterrecht bis heute so<br />

uneingeschränkt verehrt wird. Als Gründe können genannt werden: das Chaos<br />

nach den Weltkriegen in Europa, damit verbunden ein Rückzug in die Kernfamilie<br />

als Ausweg aus der gesamtgesellschaftlichen Krise. In diesem Zusammenhang<br />

ist die Idealisierung der Frau als Mutter und als Hausfrau zu sehen; der Mann<br />

aber als der im öffentlichen Leben stehende und Ernährer der Familie; anscheinend<br />

konnten sich sowohl Frauen als auch Männer mit dieser geschlechtlichen<br />

Rollenzuteilung identifizieren und dies wiederum prägte die 1950er und 1960er<br />

Jahre in Europa. 165<br />

Die etablierte Ordnung wurde erst mit der 1968er Bewegung, an der sowohl Studenten<br />

als auch Studentinnen beteiligt waren, wieder in Frage gestellt. Röder,<br />

Hummel und Kunz sehen im Protest der Frauen im öffentlichen Bereich gegen die<br />

patriarchale Außenwelt, den Kampf für eine ” neue Lebens<strong>for</strong>m“ und schreiben<br />

darüber:<br />

Die Selbsterfahrungsgruppen ergänzten ihn [den Schauplatz], um die biographische<br />

Rückbesinnung. Hier analysieren Frauen ihre patriarchal de<strong>for</strong>mierte<br />

Innenwelt und versuchten, ihrer Unzufriedenheit, ihren Bedürfnissen,<br />

Wünschen und Ängsten auf die Spur zu kommen, ” authentische“, d.h.<br />

selbstbestimmte Identität und Weiblichkeit zu entwickeln. 166<br />

Hier diente Bachofens ” Mutterrecht“ als Ausgangspunkt für ein neues Selbstbewußtsein<br />

und sollte zur Selbstbestimmung der Frau beitragen. In diesem Zusammenhang<br />

wurde aber hervorgehoben, daß das Matriarchat nicht einfach in<br />

Opposition zum Patriarchat zu sehen sei, sondern die gesellschaftlichen und politischen<br />

Strukturen – wie Röder, Hummel und Kunz vermuten – sollten idealerweise<br />

herrschaftsfrei, egalitär, basisdemokratisch und im Einklang mit der Natur<br />

stehen. 167<br />

163Röder et al. 1996, Göttinnendämmerung, S.34–35.<br />

164Röder et al. 1996, Göttinnendämmerung, S.37–38; Sir Galahad ist der sagenumwobene<br />

Ritter, der den Gral fand.<br />

165Röder et al. 1996, Göttinnendämmerung, S.50–53.<br />

166Röder et al. 1996, Göttinnendämmerung, S.58–59.<br />

167Röder et al. 1996, Göttinnendämmerung, S.60–61.

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