Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies
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Das Mutterrecht in der Evolutionstheorie des 19. Jahrhunderts 115<br />
z.B. Kathleen Gough171 gelesen zu haben. Die Frauenbewegung konnte sein Buch<br />
deshalb nur ablehnen und demonstrierte Unabhängigkeit: Borneman habe sich<br />
durch – wie Göttner-Abendroth 1989 schreibt – die patriarchale Sprache und pa-<br />
”<br />
triarchales Bewußtsein“ disqualifiziert; nach Beate Wagner-Hasel vor allem dort,<br />
” wo Wissenschaft noch immer als männliche Domäne akzeptiert wird“.172<br />
Göttner-Abendroth ist aber mit ihren Argumenten am wenigsten geeignet, irgendeine<br />
Kritik zu äußern. Sie verstand es vielmehr ein Geschäft aus dem mangelnden<br />
Selbstbewußtsein der Frauen zu machen. Ende der 1970er Jahre definierten<br />
mehrheitlich die Feministinnen die Frau wieder als Naturwesen, doch die Nähe<br />
zur Natur wurde ausschließlich positiv gesehen und bedinge dadurch ihre Überlegenheit<br />
gegenüber dem Mann, d.h. die bisher angenommene weibliche Schwäche<br />
in Stärke zu verwandeln, und so wird Schwangerschaft und Mutterschaft als zentraler<br />
Aspekt des Frauseins dargestellt und mystifiziert. 173<br />
” Wiederbelebung der Göttinnen?“, ein weiterer Buchtitel einer evangelischen<br />
Theologin namens Susanne Heine, 174 greift ebenso das Thema auf, und diskutiert<br />
unterschiedliche Ansätze. Sie stellt die Versuche von Theologinnen und Pfarrerinnen,<br />
die die Mütterlichkeit“ in den christlichen Texten aufzeigen wollten, dar<br />
”<br />
– wie z.B. Berichte von Heilspropheten der Exilzeit (6. Jh.v.Chr.) im Alten Testament,<br />
usw. Susanne Heine schreibt darüber folgendes:<br />
So läßt sich gewiß einiges Weibliche zusammentragen und als Gegengewicht<br />
gegen eine lange Tradition einseitiger Betonung der Männlichkeit Gottes<br />
<strong>for</strong>mulieren. Dennoch bleibt die Frage, ob das auch redlich und sinnvoll ist.<br />
Ohne Zweifel überwiegen in den biblischen Texten die männlichen Bezeichnungen<br />
der Eigenschaften und Handlungsweisen Gottes. Dementsprechend<br />
wirken die feministischen Bemühungen um das weibliche Gottesbild auch<br />
ein wenig gezwungen, besonders dort, wo mit dem Genus der Wörter argumentiert<br />
wird. Das Wort ” Geist“ z.B. weist in den verschiedenen Sprachen<br />
alle Geschlechter auf: In der deutschen Sprache ist er männlich, in der griechischen<br />
sächlich, in der hebräischen weiblich; im Englischen haben Nomina<br />
überhaupt kein Genus. Was also ist mit dieser Argumentation gewonnen,<br />
wenn man dazu bedenkt, daß z.B. ” Macht“, ” Gewalt“ oder ” Größe“ weiblichen<br />
Geschlechts sind, obwohl nach feministischem Urteil von engstem<br />
Bezug zum Charakter des Männlichen; und das nicht nur im Deutschen:<br />
171 Kathleen Gough (1971): The Origin of the Family, in: Journal of Marriage and the Family,<br />
33, (November):760–771. In der vorliegenden Arbeit wurde ein Nachdruck des Aufsatzes im<br />
Sammelband von Rayna R. Reiter (Hrsg.) (1975): Toward an Anthropology of Women, verwendet.<br />
172 Röder et al. 1996, Göttinnendämmerung, S.65; beziehen sich auf: Heide Göttner-Abendroth<br />
(1989): Das Matriarchat I. Geschichte seiner Er<strong>for</strong>schung, 2. Aufl. Stuttgart, Berlin, Köln (Erstausgabe<br />
1988), hier: S.172; und Beate Wagner-Hasel (1982): Am Anfang war die Gebärmutter,<br />
in: Sozialistische Politik und Wirtschaft, 14:82–89, hier: S.83.<br />
173 Röder et al. 1996, Göttinnendämmerung, S.71.<br />
174 Susanne Heine (1989): Wiederbelebung der Göttinnen? Vandenhoeck & Ruprecht, 2.Aufl.,<br />
Göttingen; Susanne Heine wurde in Prag geboren und ist seit 1982 Professorin und Vorstand<br />
des neu gegründeten Instituts für Religionspädagogik in Wien.