Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies
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Regionalgebiet Afrika: Der ” matrilineare Gürtel“ 210<br />
Die Mitgliedschaft ist mit einer Reihe von Tabus verbunden, auf deren Einhaltung<br />
geachtet und Vergehen durch die Bestrafung aus der ” anderen“ Welt (durch Verstorbene)<br />
zur Folge hätte. Von den initiierten Mädchen wird erwartet, daß sie sich<br />
diszipliniert verhalten, Streitigkeiten innerhalb der Gruppe vermeiden, strenge sexuelle<br />
Vorschriften einhalten und sich höflich gegenüber Außenstehenden verhalten.<br />
Durch das gemeinsame Ertragen von physischen Schmerzen soll die Gruppensolidarität<br />
gestärkt werden und die Achtung gegenüber nicht-menschlichen<br />
Wesen wird erwartet. In den öffentlichen Auftritten spiegelt sich das Verhältnis<br />
des Bundes zur Dorfgemeinschaft wider. Im Zentrum befindet sich die Leiterin,<br />
die Mädchen bilden sitzend einen Kreis um sie. Von der weiblichen Gruppe im<br />
Zentrum hebt sich die Gruppe der Jungen ab, die eine assistierende Rolle als<br />
Trommler einnehmen. In einem größeren Abstand befinden sich die Zuschauer,<br />
die ihre Bewunderung über den Bund äußern und damit die Solidarität der initiierten<br />
Mädchen stärken. 81<br />
4.4.2 Traditionen der Maravi-Nachfolgebevölkerung<br />
Die traditionelle politische Geschichte Malaˆwis begann mit der chewasprechenden<br />
Bevölkerung, wobei der Phiri-Klan, der dem Feuer eine große symbolische<br />
Bedeutung schenkte, eine wichtige Rolle spielte. 82 Aus alten Quellen (wie<br />
z.B. einer Karte von 1546) leitet sich der Name des heutigen Staates Malaˆwi<br />
ab. Nach mündlichen Überlieferungen wird die enge Verbindung zum Phiri-Klan<br />
bezeugt und die Bedeutung malawi mit ” Flammen“ gleichgesetzt. 83<br />
Die traditionelle Erziehung von Mädchen und Knaben bei der Nachfolgebevölkerung<br />
des alten Maravi-Chiefdoms wird von Gerhard Kubik in zwei Arbeiten analysiert.<br />
Die Bevölkerungesgruppen stehen kulturell und linguistisch in enger Verbindung<br />
und sind als Acheˆwa, Anyanja, Achipeta, Amang’anja und weiteren Untergruppen<br />
in die Literatur eingegangen. Ihre Muttersprachen sind in Chichewa,<br />
Cinyanja, Cimang’ana und weitere Dialekte untergliedert, die im zentralen und<br />
südlichen Teil Malaˆwis, sowie in Ost-Zambia und im nördlichen und zentralen<br />
Moçambique gesprochen werden. Diese Bevölkerungsgruppen sind überwiegend<br />
matrilinear und uxorilokal organisiert. Dieses Sozialsystem wird von den Männern<br />
als Vorherrschaft der Frauen empfunden und hat dazu geführt, daß beide Geschlechter<br />
eigene Bereiche entwickelten, z.B. der nyau-Geheimbund der Männer<br />
und die <strong>for</strong>male Erziehung der Mädchen. 84<br />
Bis zu 90 % der Gesamtbevölkerung Malaˆwis lebt am Land fast ausschließlich<br />
81 Kubik 1993, Makisi Nyau Mapiko – Maskentraditionen, S.50.<br />
82 Birmingham 1977, Central Africa from Cameroun to the Zambezi, S.531.<br />
83 Kubik 1987, Nyau – Maskenbünde im südlichen Malaˆwi, S.7. Kubik bezieht sich hier auf M.<br />
Schoeffeleers und I. Linden (1972): The Resistance of the Nyau Societies to the Roman Catholic<br />
Missions in Colonial Malaˆwi, in: T.O. Ranger und I.N. Kimambo (Hg.): The Historical Study<br />
of African Religion, Heinemann, London, S.91–92.<br />
84 Kubik 1987, Nyau – Maskenbünde im südlichen Malaˆwi, S.7–8.