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Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

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Das Mutterrecht in der Evolutionstheorie des 19. Jahrhunderts 67<br />

Die Zeit des klassischen ethnologischen Evolutionismus kann heute zwischen 1860<br />

und 1890 angesetzt werden. Die Anthropologie zweigte sich als Wissenschaft von<br />

der Geschichte ab und durch die Verknüpfung mit den Theorien des Evolutionismus<br />

entstand die cultural Anthropology. 15 Die Schriften von Tylor, Morgan und<br />

Spencer lassen sich nach Sol Tax in ” Die historische evolutionistische Schule“ einordnen.<br />

16 Der bestimmende Gedanke war der Glaube an den Fortschritt sowie<br />

an die Perfektionierung des Menschen (1760er Jahre), aber kombiniert mit dem<br />

neueren biokulturellen Evolutionismus (1860er Jahre). Ab 1860 fanden folgende<br />

Veränderungen statt, im wesentlichen bedingt durch exaktere Dokumentations<strong>for</strong>men.<br />

Archäologische Reste aus der Ur- und Frühzeit fanden dabei besondere<br />

Beachtung, um Beweise für die Richtigkeit der neuen Theorien zu erbringen: (1)<br />

Die Ausgrabungen neolithisch-bronzezeitlicher Pfahlbauten in der Schweiz von<br />

F. Keller (1853/54) und des Neandertales 1854. (2) Durch die archäologischen<br />

Funde in Frankreich gelang der Nachweis für Menschen und Pflanzen im Pleistozän;<br />

Werkzeuge im Paläolithikum und der Fauna bei Abbeville, von Boucher<br />

de Perthes, der 1936 die paläolithische Steinindustrie im Tal der Sonne untersuchte.<br />

(3) Neben der Archäologie waren die Arbeiten des Geologen Charles Lyell<br />

und die Untersuchungsergebnisse der Früh- und Urgeschichte von Bedeutung. Sie<br />

ermöglichten durch ihre zeitliche Tiefe die Erfassung der menschlichen Evolution,<br />

aber auch vieler biologischer Arten. 17<br />

Charles Lyell wurde mit seinem Werk ” Antiquity of Man“ (1863) zum Mitbegründer<br />

der modernen anthropologischen Theorie. Er verband die vorhandenen<br />

geologischen, archäologischen, linguistischen und ethnologischen Beweise zeitgenössischer<br />

Artifakte und ausgestorbener Tiere, deren Evolution zu den modernen<br />

Arten führten und stützte sich auf die Hypothese der Trans<strong>for</strong>mation,<br />

die tausende Jahre dazu benötigt hatte. Lyell schloß daraus, daß es bis zur Entstehung<br />

der modernen Menschheit unglaubliche Veränderungen gegeben haben<br />

muß.<br />

15<br />

” Cultural Anthropology“ sollte eigentlich nicht mit Kulturanthropologie übersetzt werden,<br />

da ” culture“ im Englischen eine ganz andere Bedeutung hat, als Kultur im Deutschen. Deshalb<br />

wird in dieser Arbeit Sozialanthropologie bevorzugt. Auch wird der Begriff, daß Völkerkunde/Ethnologie<br />

eine Kulturwissenschaft sei, abgelehnt und ersetzt durch Sozial- oder Gesellschaftswissenschaft.<br />

Denn es ist nicht einzusehen, wenn Kultur als Begriff nicht definiert werden<br />

kann, warum dann in der Völkerkunde/Ethnologie ständig von Kultur–Natur usw. gesprochen<br />

wird. Nach meiner Meinung beschäftigt sich Ethnologie mit sozialen, geistigen, religiösen, kulturellen<br />

und anderen Veränderungen innerhalb einer Gesellschaft und Kultur wäre in diesem<br />

Sinne nur ein Teilbereich nicht aber ein Überbegriff. Der Begriff ” Kultur“ in der deutschen Sprache<br />

ist nach Uwe Wesel nicht nur die geistige und künstlerische Lebens<strong>for</strong>m einer Gesellschaft,<br />

sondern ” Kultur“ ist die Gesamtheit der gesellschaftlichen Ordnung, deshalb sei das englische<br />

Wort culture eher mit Gesellschaft zu übersetzen; siehe dazu: Uwe Wesel 1988, Der Mythos vom<br />

Matriarchat, S.122.<br />

16 Marvin Harris (1968): The Rise of Anthropological Theory. – A History of Theories of<br />

Culture, Harper Collins Publishers, New York, N.Y.; vor allem Kapitel 6 und 7, hier insbes.<br />

S.142–143.<br />

17 Raum 1983, Evolutionismus, S.276.

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