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Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

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Familialisierung von sozialen Beziehungen 31<br />

die sich von der ” Tierheit“ emporarbeitenden Menschen hätten nach Engels entweder<br />

gar keine Familie oder höchstens eine, die bei den Tieren nicht vorkommt,<br />

gehabt. 71<br />

Erstaunlich war dabei die Annahme, daß bei den Primaten alle Formen der Sozialorganisation<br />

nebeneinander bestehen könnten, im Gegensatz zur Humanevolution,<br />

wo diese Vorstellung völlig ausgeschlossen wurde. Engels meint letztendlich,<br />

daß bis auf weiteres keine endgültigen Schlußfolgerungen aus den bisherigen<br />

Primaten<strong>for</strong>schungen zulässig seien. Die Entstehung der menschlichen Familie<br />

könne nur dadurch erklärt werden, daß es in der frühen Vorzeit keine effektiven<br />

Verteidigungsmöglichkeiten gab und deshalb hätten sich die einzelnen Individuen<br />

zusammengeschlossen. Diese vereinte Kraft und das Zusammenwirken der<br />

” Horde“ seien die wesentlichen Elemente für den Fortschritt“ gewesen, der zur<br />

”<br />

humanen Gesellschaft geführt hätte. Nur durch diese Bedingungen konnte sich<br />

die Menschwerdung des Tieres“ allein vollziehen. Daran anschließend bildete<br />

”<br />

sich die Blutverwandtschaftsfamilie, welche aber schon ausgestorben sei, aber nach<br />

dem hawaiischen System bestanden haben muß. Mit der Weiterentwicklung dieser<br />

Form der Familie wurden zuerst die leiblichen (d.h. die der mütterlichen Seite)<br />

Geschwister vom Geschlechtsverkehr ausgeschlossen und danach folgte das Verbot<br />

einer Ehe mit Kollateralgeschwistern. Warum diese Inzestverbote eingeführt<br />

wurden, sei nach Friedrich Engels darauf zurückzuführen, daß diejenigen Stämme,<br />

die sie übten, sich rascher und voller“ entwickelt hätten. Diese Ehe<strong>for</strong>m wurde<br />

”<br />

als Punaluafamilie bezeichnet und sei diejenige, die bei den irokesischen Stämmen<br />

vorgefunden wurde und direkt aus dieser Familienorganisation hätte sich die Institution<br />

der Gens entwickelt. 72<br />

Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, um von einer Familie sprechen zu<br />

können? Die unterschiedlichsten Definitionen von Familie kamen dabei zustande.<br />

Kathleen Gough definiert Familie als:<br />

. . . a married couple or other group of adult kinfolk who cooperate economically<br />

and in the upbringing of children and all or most of whom share a<br />

common dwelling. 73<br />

Die Familie schließt nach Gough alle Formen verwandtschaftlich basierter Haushalte<br />

ein. Die Definition der Familie ist bei ihr am weitesten gefaßt, aber sie<br />

unterscheidet nicht zwischen Kernfamilie und Verwandtschaft. George Peter Murdock<br />

74 hat in seinem Werk ” Social Structure“ (1949) die Familie wesentlich exakter<br />

definiert. Gerade für Ethnologen ist das Vorhandensein der Kernfamilie eine<br />

Voraussetzung, um Verwandtschaftssysteme, Abstammungsgruppen überhaupt<br />

darstellen zu können. Deshalb wird auch in der vorliegenden Arbeit soweit wie<br />

71 Friedrich Engels (1984): Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates,<br />

in: Karl Marx und Friedrich Engels Werke, Band 21, Erstausgabe 1884, Nachdruck der 4. und<br />

ergänzten Auflage von 1892, Dietz Verlag, Berlin, S.27–83; hier insbesondere S.39–41.<br />

72 Engels 1984, Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates, S.41–47.<br />

73 Gough 1975, The Origin of the Family, S.52.<br />

74 George Peter Murdock (1949): Social Structure, The Macmillan Company, New York.

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