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Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

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Einleitung<br />

In der vorliegenden Arbeit werden Antworten auf folgende Fragen gesucht:<br />

Warum gibt es überhaupt matrilineare und uxorilokale <strong>Gesellschaften</strong>, wenn doch<br />

in allen <strong>Gesellschaften</strong> die Männer die wichtigsten politischen Entscheidungspositionen<br />

innehaben? Gleichzeitig habe ich mir die Frage gestellt: Wie konnte Ende<br />

des 19. Jahrhunderts von einer Mehrzahl der für die Ethnologie so bedeutenden<br />

Autoren Theorien aufgestellt werden, die den matrilinearen <strong>Gesellschaften</strong> eine<br />

Vorstufe für die ” zivilisierten“ patrilinear-organisierten <strong>Gesellschaften</strong> zuwiesen?<br />

Die Grundkonzepte der ” klassischen“ Evolutionisten gleichen sich auf erstaunliche<br />

Weise in allen entscheidenden Punkten, vor allem aber beim Durchlaufen<br />

von verschiedenen Gesellschaftsstadien mit unterschiedlichen Rechts-, Besitz- und<br />

Herrschaftsstrukturen. Die Auseinandersetzung mit den Evolutionstheorien des<br />

19. Jahrhunderts und den einzelnen Autoren werden in den ersten beiden Kapiteln<br />

behandelt, teilweise die späteren Fehlinterpretationen erläutert, und es wird<br />

auf Hintergründe eingegangen, die zu ihren Vorstellungen geführt haben könnten.<br />

Als Methode für die Beantwortung dieser Fragen standen archäologische Befunde,<br />

historische Quellen, Oraltraditionen, Linguistik, Feld<strong>for</strong>schungsberichte mit<br />

unterschiedlichen Ansätzen und Fragestellungen, Reiseberichte von Abenteurern,<br />

Kolonialbeamten, Missionaren, aber auch die Lebensgeschichte von Mary Jemison,<br />

eine anglo-amerikanische Frau, die in die irokesische Gesellschaft adoptiert<br />

wurde, zur Verfügung.<br />

Die Mytheninterpretationen von Johann Jakob Bachofen in seinem Werk ” Das<br />

Mutterrecht“ (1861) führten zu den Fragestellungen für das vorliegende 1. Kapitel:<br />

” Familialisierung von sozialen Beziehungen“. Seine Vorstellungen der ” Gynaikokratie“<br />

und die Auswirkungen auf die von den Frauen ” beherrschten“ Männer,<br />

die in der ” amazonischen Ausartung“ des Mutterrechts, in ihrer Verzweiflung<br />

das alte System stürzten und endlich die zivilisierte, männlich-dominierte Welt<br />

schufen, mit allen Konsequenzen für die ab nun ” beherrschten“ Frauen. Diese Annahmen<br />

galt es zu hinterfragen und dies wurde mit einigem Aufwand versucht.<br />

In der amerikanischen Literatur finden sich zahlreiche Hinweise – z.B. Kathleen<br />

Gough (1975): ” The Origin of the Family“ – über die Familialisierung, die aber<br />

im Gegensatz zu den Evolutionisten davon ausgehen, daß die Familialisierung bereits<br />

vor der biologischen Evolution zum Homo sapiens abgeschlossen und gleichzeitig<br />

die Voraussetzung für die ” Menschwerdung“ war. Es werden in diesem<br />

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