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Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

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Das Mutterrecht in der Evolutionstheorie des 19. Jahrhunderts 88<br />

Inquisition, vor allem in Spanien, wurde Leiden eine Zufluchtstätte für Vertriebene,<br />

die juristische Fakultät hatte von Beginn an große Bedeutung. Die Niederlande<br />

wurden im 17. Jahrhundert mit ihrer Synthese von Rechtswissenschaft und Gerichtspraxis<br />

– wie Frankreich im 16. Jahrhundert – die führende Stelle in Europa.<br />

Der protestantische Humanist Hugo Donellus floh aus Frankreich nach Leiden,<br />

wo er von 1579 bis 1587 lehrte; sein Nachfolger Everard Bronchorst studierte zuerst<br />

an deutschen Universitäten und war später tonangebend bei der Ausbildung<br />

an den niederländischen Universitäten. Dieses Recht war eine Kombination der<br />

damals sogenannten ” eleganten“ mit der ” praktischen“ Methode der Behandlung<br />

des Rechts. 85<br />

Der bedeutendste Schüler der Leidener juristischen Fakultät war Hugo Grotius<br />

(1583–1645). Grotius verfaßte 1631 eine Einführung in das Recht der Provinz Holland<br />

in niederländischer Sprache. Er stellte das holländische Recht als selbständiges<br />

Rechtssystem dar und nicht als Zusatz zum römischen Recht; es bildete eine<br />

Mischung aus germanischem Gewohnheitsrecht, römischem Recht und neuerem<br />

Gesetzesrecht. 86 Auch Grotius behandelte nach seinem Vorbild Donellus nur das<br />

materielle Recht, nicht das Prozeßrecht. Nach Grotius bestand das Recht in der<br />

Dreiteilung der Institutionen in einer abgewandelten Form aus Personen, Sachen<br />

und Schuldverhältnisse. 87 Die Darstellungen von Grotius bezogen sich sehr stark<br />

auf das römische Recht, um die Normen zu stützen, die er als ” Naturrecht“ versteht.<br />

Er stellte fest,<br />

..., daß dieses Recht nicht von Gott gesetzt worden war, denn es würde,<br />

wie er sagte, auch dann gelten, wenn es keinen Gott gäbe oder Gott sich<br />

nicht um die Angelegenheiten der Menschen kümmerte (Prolegomena, 11<br />

und Buch 1.1.10.5). 88<br />

Wie auch in anderen europäischen Ländern begannen auch in den deutschen Landen<br />

des 17. Jahrhunderts die Rechtswissenschaftler eine eigene deutsche Form des<br />

römischen Rechts zu unterscheiden. Diese Synthese wurde aber im 18. Jahrhundert<br />

wieder aufgegeben. Nun lag die Betonung erneut auf der Unterscheidung<br />

zwischen den Prinzipien des römischen Rechts und des germanischen Gewohnheitsrechts<br />

und dies galt, unter anderem auch für das Gesetzesrecht der österreichischen<br />

Territorien. 89<br />

In den französischen Ländern unterschied man noch immer die Gebiete des geschriebenen<br />

römischen Rechts von den Regionen, wo das Gewohnheitsrecht galt.<br />

Mit den Aufzeichnungen einzelner Gewohnheitsrechte erstarrten diese aber. Deshalb<br />

wurde versucht anhand des Stadtrechts von Paris einen gemeinsamen Kern aller<br />

Gewohnheitsrechte herauszuarbeiten. 1679 berief Ludwig XIV. königliche Professoren<br />

für französisches Recht an die Universitäten, diese sollten in Französisch<br />

85 Stein 1996, Römisches Recht und Europa, S.161.<br />

86 Stein 1996, Römisches Recht und Europa, S.162.<br />

87 Stein 1996, Römisches Recht und Europa, S.163.<br />

88 Stein 1996, Römisches Recht und Europa, S.163–164.<br />

89 Stein 1996, Römisches Recht und Europa, S.170.

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