Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies
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Theorien zur Entstehung unilinearer Abstammungsgruppen 135<br />
In patrilocal societies a man lives surrounded by male kinsmen who help<br />
him in work or war and to whom, in turn, he is similarly obligated. If<br />
he is married to one woman, the claims of his family of procreation may<br />
compete more strongly with those of his family of orientation. Married to<br />
several, his affective bonds with each are likely to be less intense and the<br />
demands that each can impose on him somewhat weaker. This would seem<br />
all the more probable as the wives mutually compete on behalf of either<br />
their children or themselves. 38<br />
In einer alphabetischen Auflistung von 50 <strong>Gesellschaften</strong> nach Häufigkeit<br />
von Fehdeführung und Krieg stellten Otterbein und Otterbein am Beispiel<br />
der matrilinear und bevorzugt uxorilokal organisierten Bemba folgendes<br />
fest: Fehdeführung ist abwesend, aber Kriegführung kontinuierlich vertreten. 39<br />
Otterbein und Otterbein haben in ihrer Studie aufgezeigt, daß ein evolutionistischer<br />
oder funktionalistischer Ansatz für die Erklärung mancher Probleme<br />
unzulänglich und eine Kombination von weiteren Ansätzen er<strong>for</strong>derlich ist. Sie<br />
wählten den internen gesellschaftlichen Beziehungsansatz zur Erklärung für das<br />
Vorhandensein von Fehdeführung und überprüften ihre Hypothese anhand statistischer<br />
Auswertungen.<br />
William Tulio Divale und Marvin Harris (1976) stellten eine Hypothese über die<br />
Funktion von Kriegführung in Band- und Dorfgesellschaften auf. Sie analysierten<br />
562 lokale Band- und Dorfgesellschaften, und konnten die folgende Hypothese<br />
betätigt finden: Kriegführung und selektive weibliche Kindestötung werden als<br />
wichtigste Punkte für die Regulierung des Bevölkerungswachstums bei Abwesenheit<br />
von Alternativen gesehen. 40 Die Methoden der Bevölkerungskontrolle bei<br />
begrenzten Nahrungsressourcen werden von Marvin Harris ausführlich in seinem<br />
Buch ” Kulturanthropologie“ erklärt. Dabei wird darauf hingewiesen, daß Frauen,<br />
die an Mangelernährung leiden, weniger fruchtbar sind. Bei einem Nahrungsentzug<br />
im Sinne von Hunger reduziere sich die Fruchtbarkeit um 50 %. 41 Harris<br />
unterscheidet zwischen indirekter Abtreibung (Arbeitsbelastung, unzureichende<br />
Ernährung der Frau) und direkter Abtreibung (Schwangerschaftsabbruch) sowie<br />
zwischen indirekter und direkter Kindestötung. Gleichgültige Behandlung und<br />
Vernachlässigung von Kleinkindern (vor allem im Krankheitsfall) und unzureichende<br />
Ernährung werden dabei zur indirekten Kindestötung gezählt. Die Tötung<br />
von Neugeborenen, die von der Gesellschaft noch nicht als Mitglieder anerkannt<br />
38Otterbein und Otterbein 1965, An Eye <strong>for</strong> an Eye, S.1474: Alvin W. Gouldner und Richard<br />
A. Peterson (1963): Notes on Technology and the Moral Order, Bobbs-Merrill Company, New<br />
York, S.23.<br />
39Otterbein und Otterbein 1965, An Eye <strong>for</strong> an Eye, S.1481. Bemba: Ac3 im Ethnographischen<br />
Atlas: Die Sozialorganisation der Bemba wird in der vorliegenden Arbeit im Kapitel<br />
” Regionalgebiet Afrika“ noch ausführlich besprochen.<br />
40William Tulio Divale und Marvin Harris (1976): Population, Warfare, and the Male Supremacist<br />
Complex, in: American Anthropologist, 78, S.521.<br />
41Marvin Harris (1989): Kulturanthropologie. – Ein Lehrbuch, Übersetzung der 2. Auflage<br />
” Cultural Anthropology“, 1987, Campus Verlag, Frankfurt a.M., New York, S.113.