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Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

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Regionalgebiet Afrika: Der ” matrilineare Gürtel“ 234<br />

beobachten diesen Vorgang, um die Respekterweisung einschätzen zu können.<br />

Sollte es seine erste Ehe sein, unterliegt er strengen Nahrungstabus und muß das<br />

Essen an Freunde verteilen. Dies ist wiederum ein Hinweis für die Brautfamilie, ein<br />

Fest vorzubereiten und den Vorgang der Nahrungsübergabe zu wiederholen. Erst<br />

dann kann die Brautfamilie zur Mutter des Bräutigams sagen: ” We have shown<br />

the son-in-law the fire, now he will eat food with us.“ (5) Die Übergabe der Braut<br />

ist ebenfalls durch mehrere Schritte gekennzeichnet. Der Bräutigam fragt nach<br />

jemandem, der seine Hütte reinigt und für ihn Wasser holt. Erlaubt er dies seiner<br />

Braut, erhält er das Recht über ihre Hausarbeit und nach der Bezahlung darf<br />

er mit ihr schlafen. Diese Phase der Ehe dauert bis kurz vor dem Eintritt der<br />

Pubertät des Mädchens an, denn sie darf vor der chisungu-Zeremonie kein Kind<br />

bekommen. (6) Chisungu Zeremonie: Erst danach kann von einer geschlossenen<br />

Ehe gesprochen werden: die Braut erhält wieder Geschenke und darf erneut die<br />

Hütte des Ehemanns betreten. Wenn die beiden die Ehe akzeptieren, wirft der<br />

Bräutigam einen brennenden Holzstock auf die wartende Menge der Verwandten<br />

zu. Dies gilt als Beweis seiner Männlichkeit. Der Braut wird ein Hochzeitstopf von<br />

der Schwester ihres Vaters übergeben. In weiteren Zeremonien werden die Braut<br />

und der Bräutigam der Gemeinschaft präsentiert. Erst nach ein oder zwei Jahren<br />

Ehe erhält der Schwiegersohn eine eigene Kornkammer und seinen Garten. 148<br />

Bemba-Frauen haben im Kupfergürtel Nord-Rhodesiens den Ruf, daß sie von<br />

Männern anderer Ethnien nicht ” bewältigt“ werden können: ” These Bemba women!<br />

My word! They are fierceness itself.“ Die Erziehung der Bemba-Mädchen<br />

sieht aber ganz anders aus: als Mädchen ist sie scheu und zurückhaltend, erst als<br />

Großmutter erlangt sie Ansehen, überwacht die Verteilung der Nahrung und organisiert<br />

die Arbeiten der Frauen. Diese übergeordnete Stellung kann aber nur durch<br />

eine aufrechte Ehe erreicht werden. Im täglichen Leben sind Männer und Frauen<br />

getrennt, beide Gruppen sind hierarchisch nach Abstammung und Alter organisiert.<br />

Die persönlichen Beziehungen sind durch zeremonielles Verhalten festgelegt:<br />

Vorschriften der Anrede, Anerkennung der sozialen Vorrangstellung und die damit<br />

verbundenen Rechte, Ablehnung von Streit, Unfreundlichkeit und Szenen, die das<br />

sensible Gleichgewicht der Dorfbeziehung stören könnten. Umgänglichkeit und<br />

Selbstkontrolle in persönlichen Beziehungen wird geschätzt und hervorgehoben.<br />

Männer schlafen in eigenen Unterkünften, essen nur unter Männern und arbeiten<br />

gemeinsam. Die Männer sind den Frauen ” übergeordnet“ und Frauen begegneten<br />

ihnen kniend als <strong>for</strong>melle Begrüßung. Dies konnte Richards noch während ihres<br />

Aufenthalts beobachten. Eine Ehe kann für ein junges Mädchen sogar bedeuten,<br />

daß sie von ihrem Mann geschlagen wird. In der Öffentlichkeit ist es sogar dem<br />

Ehemann verboten, Zuneigung gegenüber seiner Frau zu zeigen. 149<br />

148 Richards 1982, Chisungu, S.44–46.<br />

149 Richards 1982, Chisungu, S.47–50.

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