Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies
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Familialisierung von sozialen Beziehungen 56<br />
Plätze mit bestimmten Früchten, Wurzeln, Nüssen usw. an die Frauen weitergeben.<br />
Beide Geschlechter haben ein Interesse an Fleisch, aber auch an seltener<br />
pflanzlicher Nahrung wie z.B. Honig. Die ” Gier“ nach besonderen Delikatessen<br />
ist anscheinend in allen <strong>Gesellschaften</strong> vorhanden. R.B. Lee notierte über die<br />
!Kung Bushmen von Dobe, daß bei ihnen die Diät aus ungefähr 37 % Fleisch und<br />
63 % pflanzlicher Nahrung zusammengesetzt ist. 148 Die Zahl zum Fleischanteil<br />
ist wahrscheinlich zu hoch, als daß sie für alle !Kung generalisiert werden könnte.<br />
J. Tanaka z.B. führte detaillierte Studien über die benachbarten !Kung San<br />
durch und stellte fest, daß bei ihnen der Fleischanteil nur bei 18,7 % liegt. Wir<br />
können jedenfalls davon ausgehen, daß bei allen !Kung-<strong>Gesellschaften</strong> der Anteil<br />
an Fleisch wesentlich niedriger ist als der der vegetarischen an der Gesamtnahrung.<br />
Robert B. Lee und Lewis R. Bin<strong>for</strong>d stellten fest, daß je weiter Jäger und<br />
Sammler vom Äquator entfernt leben, desto größer ist der Fleischanteil bei der<br />
Nahrungszusammensetzung. 149 Dazu Robert B. Lee:<br />
In short, the Bushmen of the Dobe area eat as much vegetable food as they<br />
need and as much meat as they can. 150<br />
Lorna Marshall und Richard B. Lee beschreiben die Fleischverteilung und dabei<br />
spielen die sozialen Regeln eine entscheidende Rolle: der Jäger selbst – außer<br />
bei kleinen Tieren – hat kaum Einfluß auf die Verteilung, z.B. können Camp-<br />
Mitglieder spontan einen Anteil <strong>for</strong>dern, und der Jäger ist verpflichtet, den<br />
Wunsch zu erfüllen. Nach Lorna Marshall wird ein großes erlegtes Tier in mehreren<br />
Wellen im Camp verteilt:<br />
A man’s first obligation at this point, we were told, is to give to his wife’s<br />
parents. He must give to them the best he has in as generous portions as<br />
he can, while still fulfilling other primary obligations, which are to his own<br />
parents, his spouse, and offspring [all these people cook meat separately].<br />
He keeps a portion <strong>for</strong> himself at this time and from it would give to his<br />
siblings, to his wife’s siblings, if they are present, and to other kin, affines<br />
and friends who are there. Everyone who received meat gives again, in<br />
another wave of sharing, to his or her parents, parents-in-law, spouses,<br />
offspring, siblings, and others. The meat may be cooked and the quantities<br />
small. Visitors, even though they are not close kin or affines, are given meat<br />
by the people whom they are visiting. 151<br />
Fleisch im Gegensatz zu anderen Gütern ist das große Bedürfnis, denn Teilen und<br />
gemeinsames Essen läßt Sozialität entstehen. Es ist das Gut, das am häufigsten<br />
148 Service 1979, The Hunters, S.8, zitiert R.B. Lee (1968): What Hunters Do <strong>for</strong> a Living, or,<br />
How To Make Out on Scare Resources, in: R.B. Lee und I. DeVore, (Hrsg.), Man the Hunter,<br />
Aldine de Gruyter, New York, S.30–48.<br />
149 Service 1979, The Hunters, S.9.<br />
150 Robert B. Lee (1968): What Hunters Do <strong>for</strong> a Living, or, How to Make Out on Scarce<br />
Resources, in: R.B. Lee und I. DeVore (Hrsg.), Man the Hunter, Aldine de Gruyter, New York,<br />
Hervorhebung im Original, S.41; zitiert bei Service 1979, The Hunters, S.9.<br />
151 Lorna Marshall (1961): Sharing, Talking, and Giving: Relief of Social Tensions Among<br />
!Kung Bushmen, Africa, No.31, S.238; zit.n. Service 1979, The Hunters, S.19.