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Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

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Regionalgebiet Südostasien 270<br />

Piliang, Tanjung, Koto) zählten. 80<br />

Frederick K. Errington beschreibt die zeremonielle Einsetzung eines Penghulu im<br />

Dorf Bayur. Im Dorf gibt es sechs Suku und 44 zu vergebende Ehrenämter. Es<br />

wird ein Kandidat innerhalb der Abstammungsgruppe gewählt und nach einigen<br />

Tagen findet die Ratsversammlung statt. Während dieser zweiten Zusammenkunft<br />

wird geklärt, wieviel Geld zur Verfügung steht, und bestimmte Personen<br />

für Schlüsselrollen während der Zeremonie ausgewählt. Grundsätzlich muß aber<br />

entschieden werden, welche Form der Zeremonie gewählt wird: entweder nur die<br />

Nachbesetzung des Amtes oder eine elaborierte Einsetzung eines Penghulu. Die<br />

Form der Zeremonie bestimmt das Prestige des Penghulu, aber auch seiner matrilinearen<br />

Gruppe. Im Dorf Bayur wurde die prestigeträchtigere Art gewählt.<br />

Für die festgelegten zeremoniellen Rollen werden vier Frauen und vier Männer<br />

der Abstammungsgruppe des ins Amt einzusetzenden Penghulu ausgewählt. Die<br />

Frauen sind vor allem für die Bereitstellung, Vorbereitung und Verteilung des<br />

Festessens verantwortlich; die Männer für die Begrüßung, Sitzmöglichkeiten und<br />

die Betreuung der Gäste. Weiters werden zwei Redner gewählt, die eine alte ausgeschmückte<br />

traditionelle Ansprache (pasambahan) der ” <strong>for</strong>mellen Angelegenheit“<br />

übernehmen. Zuletzt wird der Tag der Einsetzung des Penghulu festgelegt. Allein<br />

die Menge der vorzubereitenden Nahrung läßt die Bedeutung dieser Zeremonie<br />

erkennen. Nach Errington mußten 80 bis 100 kg Rindfleisch, 100 kg Fisch, 30 kg<br />

Pfeffer, 500 Kokosnüsse usw., vorbereitet werden. 81<br />

Einige Tage vor dem Fest wird vor dem Ahnenhaus des Kandidaten ein zeremonieller<br />

Torbogen von ca. 30 Männern errichtet, die in irgendeiner Form mit den<br />

Sponsoren des Festes verbunden sind. Andere Penghulu machten ihre Aufwartung,<br />

gaben Anweisungen, aber übernahmen keine schweren oder schmutzigen<br />

Arbeiten. Der Kandidat selbst beobachtete den Vorgang aus der Ferne. Nach 1<br />

1/2 Stunden war das Torbogen fertig, und alle Beteiligten wurden zum gemeinsamen<br />

Essen ins Haus eingeladen. Die Frauen waren außerhalb und innerhalb des<br />

Hauses mit den Vorbereitungen der Nahrungsmittel für das Festessen beschäftigt<br />

und hatten Freude an dieser Gemeinschaftsarbeit, die instrumental begleitet wurde.<br />

82<br />

Zuletzt wird das Ahnenhaus des Kandidaten mit sechs roten, weißen und schwar-<br />

80 Kato 1982, Matriliny and Migration, S.79–80. Kato verwendete für seine Analyse (1) eigene<br />

Quellen: Befragungen der Oberhäupter und Dorf-Adat-Experten in 232 nagari in West-Sumatra,<br />

betreffend die Zahl der Suku im Dorf und ihre Namen. (2) Ähnliche In<strong>for</strong>mationen über weitere<br />

103 Dörfer – ” Adat Monografi“ – stammen vom Provinzgouverneur von Zentral-Sumatra von<br />

1955. Daraus ergab sich, daß jeder der 73 Subdistrikte im Gesamtsampel von 337 Dörfern (66<br />

%) durch zumindest ein Dorf, meist zwei oder mehr, repräsentiert war.<br />

81 Frederick K. Errington (1984): Manners and Meaning in West Sumatra. – The Social Context<br />

of Consciousness, Yale University Press, New Haven und London, S.122–124. Frederick<br />

K. Errington und Tsuyoshi Kato weisen darauf hin, daß ihre Ergebnisse fast ausschließlich auf<br />

männlichen In<strong>for</strong>manten beruhen und sie damit eine männliche Perspektive vertreten. Siehe<br />

dazu Errington, Vorwort S.xiii; sowie Kato 1982, Matriliny and Migration, S.32.<br />

82 Errington 1984, Manners and Meaning in West Sumatra, S.125–127. Die Tätigkeiten der<br />

Männer und Frauen sind von Errington auf Fotos festgehalten.

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