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Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

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Regionalgebiet Afrika: Der ” matrilineare Gürtel“ 219<br />

pflegen, denn es spendet die Asche, mit der sie sich nach der täglichen morgendlichen<br />

Waschung am Fluß ihren gesamten Körper einreibt. Die weiße ” Aschenmaske“<br />

symbolisiert, daß das Mädchen nicht mehr die kleine Somo, Mahongo oder<br />

Chisange ist, sondern eine mwali, die in das Geheimwissen eingeweiht wird. 109<br />

Vier bis acht Tage nach Beginn der Seklusion findet die zweva-Zeremonie statt:<br />

Tangwa lya kutenga nzweva. Zweva wird die Decke genannt, mit der die mwali ihren<br />

nackten Körper verhüllt. An diesem Tag kommen die Frauen ins chisevilo und<br />

binden ein Stück von zweva zu einem ” Knödel“ zusammen. Wenn Nägel, Haare,<br />

Hautstücke etc., von der mwali abfallen, müssen sie sorgfältig eingesammelt und<br />

in den zweva-Beutel gesteckt werden, damit der Schadenszauber abgewendet werden<br />

kann. Solange die mwali am Rande des Dorfes lebt, braucht sie besonderen<br />

Schutz vor bösen Geistern im Busch. Deshalb trägt sie immer ein Stoffsäckchen<br />

(lizaku) über dem Brustkorb, das der Medizinmann mit geheimen Substanzen<br />

gefüllt hat. Strenge Vorschriften bestimmen ihr Verhalten: tagsüber darf sich die<br />

Initiandin nur im Busch aufhalten; sie muß sich eigene Wege suchen; darf keinen<br />

Acker betreten; keinesfalls ins Dorf gehen, außer am Abend den kurzen direkten<br />

Weg zum litungu, der Schlafhütte am Rand des Dorfes. Das Fischen mit den<br />

großen geflochtenen Körben ist die einzige Tätigkeit, die sie weiterhin mit ihren<br />

Freundinnen tun darf, davon sind Männer immer ausgeschlossen. 110<br />

Besondere Bedeutung wird dem Eifer beim Tanztraining geschenkt. Es heißt,<br />

” Kukina!“ (tanzen) lernt die Initiandin während der Initiationsphase in die Frauenwelt.<br />

Dabei verbringt sie den Tag am Tanzplatz, der von einem Zaun als<br />

Sichtschutz umgeben ist. Wenn die Initiandin ihre Tanzvorstellungen gibt, werden<br />

ihre Fähigkeiten von den Zuschauern beurteilt – durch Anerkennung ihrer Fortschritte<br />

und kleine (Geld-)Geschenke –, um ihren Trainingsehrgeiz zu steigern.<br />

Für das Tanztraining wird ein Musiker (ngomba) ausgewählt, der den Rhythmus<br />

bestimmt und damit den Tanzstil vorgibt, wie auch Ruhepausen für die Initiandin<br />

festlegt. Es wird berichtet, daß diese wichtige Funktion früher eine Musikerin<br />

inne hatte. Die Zuschauer bilden beim Tanztraining einen Kreis mit festgelegter<br />

Sitzordnung nach Geschlecht und Alter. Der Tanzgürtel (chiwamba) muß von der<br />

mwali zum Schwingen gebracht werden. Dazu sind ganz bestimmte Beckenbewegungen<br />

notwendig, die nur durch häufiges Training erlernt werden. Das Gewicht<br />

des Tanzgürtels wird auf die Anatomie und die tänzerischen Fähigkeiten der Initiandin<br />

abgestimmt. Spielerisch wird ihre Konzentration auf die unterschiedlichen<br />

Tanzbewegungen gerichtet, die durch das häufige Üben die Muskulatur stärken<br />

soll und dadurch kann das Gewicht des Gürtels erhöht werden. Bereits Kinder<br />

basteln einen Tanzgürtel, um diese Bewegungen zu üben. Aber auch die Maske<br />

der jungen Frauen – Likisi lya mwana pwevo – tanzt mit einem chiwamba. 111<br />

Jeden zweiten oder dritten Nachmittag übt die Initiandin mit ihrem Musiker<br />

die unterschiedlichen Tanzstile wie chiyanda, kachacha, mungongi, fwapula,<br />

109 Rauter 1993, Das Mädchen lernt tanzen, S.354.<br />

110 Rauter 1993, Das Mädchen lernt tanzen, S.355.<br />

111 E.M. Rauter 1993, Litungu Lya Mwali.– Mädcheninitiation, S.37–48.

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