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Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

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Kapitel 2<br />

Das Mutterrecht in der<br />

Evolutionstheorie des<br />

19. Jahrhunderts<br />

Der Evolutionismus des 19. Jahrhunderts und seine Anhänger entwarfen eine<br />

Gesellschaftstheorie, die zur Gründung der sozialen Anthropologie“ als Wissen-<br />

”<br />

schaftsdisziplin führte. Viele Begriffe, die die Evolutionisten des 19. Jahrhunderts<br />

verwendeten, wurden bereits Jahrhunderte früher als gesellschaftliche Besonderheiten<br />

entdeckt, aber nicht auf deren gesellschaftliche Relevanz hin befragt. Lewis<br />

Henry Morgan (1818–1881), als klassischer Evolutionist, lieferte erstmals 1871 mit<br />

seiner Arbeit Ancient Society“ ein Gesamtmodell der gesellschaftlichen Evoluti-<br />

”<br />

on des Menschen. Das von Johannn Jakob Bachofen (1815–1887) publizierte Werk<br />

” Das Mutterrecht“ erschien bereits 10 Jahre früher. Bachofens Interesse galt ausschließlich<br />

den historischen Mythen und deren Interpretation zur Erklärung des<br />

Mutterrechts. Bis heute, Ende des 20. Jahrhunderts, spielt der Matriarchatsge-<br />

”<br />

danke“ als frühe Entwicklungsstufe von <strong>Gesellschaften</strong> nicht nur für Feministinnen,<br />

sondern auch für Archäologinnen, Ethnologinnen und Historikerinnen der<br />

Früh- und Urgeschichte eine Rolle.<br />

Heide Göttner-Abendroth behauptet, daß das religiöse System der Ahnenverehrung<br />

in Europa bis in die Altsteinzeit (mindestens 100.000 v.u.Z.) zurückreiche<br />

und daß es schon vor 20.000 Jahren eine Verehrung von Göttinnen gegeben habe,<br />

und dies wiederum weise darauf hin, daß es damals sogar eine frauenzentrierte<br />

Gesellschaft gegeben haben muß. Sie glaubt tatsächlich, daß die Archäologie<br />

in absehbarer Zeit auch den Beweis dafür liefern könnte. 1 Hier wäre aber die<br />

Ethnologie gefragt. Denn hätte es wirklich vor 20.000 Jahren irgendeine Gesellschaft<br />

gegeben, die von irgendwen (einer Einzelperson oder einer Gruppe von<br />

Frauen oder Männern) beherrscht worden wäre, warum, so stellt sich die Frage,<br />

gibt es keinen Beweis dafür. Die Antwort ist einfach und naheliegend: die<br />

1 Heide Göttner-Abendroth (1991): Das Matriarchat II,1. Stammesgesellschaften in Ostasien,<br />

Ozeanien, Amerika, Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart, Berlin, Köln, S.35.<br />

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