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Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

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Das Mutterrecht in der Evolutionstheorie des 19. Jahrhunderts 106<br />

noch Bachofen wurde offenbar der Widerspruch aus der Analogie bewußt, warum<br />

die Bienenkönigin das Idealbild des Mutterrechts repräsentieren könne – problematisch<br />

ebenso die Arbeitsbienen, die immer nur als fleißige und emsige Insekten<br />

bezeichnet werden, obwohl sie so<strong>for</strong>t nach der Befruchtung der Königin jede einzelne<br />

Drohne töten. Niemals wird bei den Bienen von derselben Blutrünstigkeit<br />

gesprochen, die den Frauen in der amazonischen ” Ausartung“ des Mutterrechts<br />

geradezu aufgezwängt wurde. Bis heute werden die Bienen als soziale Insekten<br />

bezeichnet, warum eigentlich? Eine Möglichkeit der Interpretation könnte sein,<br />

daß die Arbeitsbienen geschlechtslose Wesen sind und nicht zur Fortpflanzung des<br />

Stocks dienen. Deshalb ist es ihnen erlaubt, die Drohnen nach der Befruchtung<br />

der Königin zu töten, damit das Überleben des Bienenstocks gesichert wird und<br />

die gesammelte Nahrung nicht mit den Drohnen geteilt werden muß. Die überflüssig<br />

gewordenen Drohnen fallen also dem Wohl der Gemeinschaft der weiblichen<br />

Bienen zum Opfer.<br />

Die Gynaikokratie der Bienen unterscheidet sich von derjenigen der Amazonen<br />

dadurch, daß sie keinen Bellerophon kennt, der die Gynaikokratie bekämpft und<br />

schließlich besiegt. Bachofens Haltung zur Figur des Bellerophon zeigt allerdings<br />

– wie anscheinend der Amazonenmythos selbst – eine gewisse Ambivalenz. Einerseits<br />

tritt Bellerophon als Bekämpfter und Besieger der Amazonen hervor,<br />

andererseits weicht er vor dem Anblick der Weiblichkeit zurück und kann dieser<br />

die Anerkennung nicht versagen, sodaß das lykische Mutterrecht geradezu auf<br />

ihn, als dessen Begründer, zurückgeführt werden kann. Bachofen schreibt zum<br />

Amazonentum,<br />

... diese höchste Ausartung des Weiberrechts, wird durch den Sisyphussprößling,<br />

den korinthischen Helden, vernichtet. Die männerfeindlichen,<br />

männertötenden, kriegerischen Jungfrauen erliegen. Aber das höhere Recht<br />

des der Ehe und seiner geschlechtlichen Bestimmung wiedergegebenen Weibes<br />

geht siegreich aus dem Kampfe hervor. Nur die amazonische Ausartung<br />

der weiblichen Herrschaft, nicht das Mutterrecht selbst findet seinen Untergang.<br />

Dieses ruht auf der stofflichen Natur der Frau. In den mitgeteilten<br />

Mythen wird das Weib der Erde gleichgestellt. [..] Die männlich zeugende<br />

Kraft räumt dem empfangenden und gebärenden Stoffe das höhere Recht<br />

ein. Was die Erde, aller Dinge Mutter, gegenüber Poseidon, das ist das<br />

irdische, sterbliche Weib gegenüber Bellerophon. ” Ge (Erde)“ und ” Gyne<br />

(Frau)“ oder Gaia erscheinen als einander gleichgeordnet. Die Frau vertritt<br />

die Stelle der Erde und setzt der Erde Urmuttertum unter den Sterblichen<br />

<strong>for</strong>t. 150<br />

Bachofen schreibt selbst, daß der Beweis der Existenz der amazonischen ” Staaten“<br />

nicht erbracht werden kann, denn es bleiben immer Zweifel an den historischen<br />

Wahrheiten. Die von ihm betrachteten Mythen stoßen immer wieder auf<br />

Gegensätze, die aber meist nicht als solche erkannt wurden. So heißt es z.B. über<br />

150 Heinrichs 1975, Bachofen – Das Mutterrecht, Lykien, (Serv.Georg. 4, 363. 381.Plut. über<br />

Isis und Osiris 38); S.63.

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