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Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

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Regionalgebiet Afrika: Der ” matrilineare Gürtel“ 228<br />

Subsistenzwirtschaft bildete der Brandrodungswanderfeldbau vor allem von<br />

Mais, Hirse, Kassava und Bohnen. Alle vier bis fünf Jahre mußte jedes Bemba-<br />

Dorf verlegt werden. Von den Männern wurden die Felder angelegt, die anschließend<br />

von den Frauen bepflanzt und bis zur Ernte betreut wurden. Trotz der guten<br />

Bewässerung der Felder waren die Erträge gering, da der Boden nährstoffarm ist.<br />

Deshalb kam es immer wieder zu ernsten Versorgungsschwierigkeiten. Die Kontrolle<br />

der Produktion und Verteilung der Nahrungsmittel lag in den Händen der<br />

Frauen, dadurch sei – wie Richards noch annahm – die außergewöhnliche Stellung<br />

der Frauen zu erklären. Mit der Nahrungsproduktion und dem Jahreszyklus<br />

der Feldarbeit sind viele Riten verbunden, z.B. bei der Aussaat, Ernte der ersten<br />

Früchte, vor Anlegen eines Gartens, etc. 134<br />

Bemba-Frauen sichern durch ihre Kenntnisse über die Ressourcen des Waldes das<br />

Überleben der Familie in Hungermonaten; z.B. kann ein Mädchen im Alter zwischen<br />

10 und 11 Jahren zwischen 30 bis 40 Arten von Pilzen (genießbar/giftig)<br />

unterscheiden. Wie in anderen Bantu-Sprachen wird das Wort für Baum muti<br />

auch für Medizin verwendet. Den Bäumen werden magische Kräfte zugesprochen<br />

und 40 bis 50 Baumarten sind gut bekannt, aber auch ihr ökonomischer Wert wird<br />

geschätzt. Von den Bemba wird die Welt in Dörfer (mushi) und Busch (mpanga)<br />

eingeteilt, wobei das Dorf mit Sicherheit und Schutz, der Busch als gefährlich, der<br />

Ort wo die Geister leben, empfunden wird. Eine Spezialisierung im Wirtschaftsverhalten<br />

konnte nicht beobachtet werden. Von den Männern werden Kleider,<br />

Körbe, Matten, Einrichtungsgegenstände, Trommeln und andere Holzarbeiten<br />

hergestellt. Das einzige Handwerk der Frauen ist die Töpferei, die wesentlich für<br />

die Chisungu-Zeremonie ist. 135<br />

Das ursprüngliche Siedlungsgebiet der Bemba liegt nach ihren eigenen<br />

Erzählungen im Beligsch-Kongo und sie seien die Nachkommen der ” großen“<br />

Luba-Menschen, die den Kasai-Distrikt bewohnten. In diesem Kontext steht auch<br />

die Abstammung über den ersten Ahnen, den Citi Muluba (‘Citi the Luban’).<br />

Eine Verbindung wird durch die Traditionen der beiden Bevölkerungsgruppen<br />

bestätigt. Nach Audrey I. Richards verwendet die Bemba-Bevölkerung Luba-<br />

Wörter in den religiösen Ritualen und bei Gericht, deren Inhalt aber nicht mehr<br />

verstanden wird. Es gibt zahlreiche Legenden über die Immigration, z.B. heißt<br />

es, daß die ersten Ankömmlinge den Lualaba-Fluß (heute die westliche Grenze)<br />

ungefähr Mitte des 18. Jahrhunderts überquert hätten und danach nord- und<br />

ostwärts wanderten, bis sie ihr erstes Hauptquartier nahe Kasama errichteten,<br />

das heute das administrative Zentrum des Bemba-Landes bildet. Weiters wird<br />

berichtet, daß ihre Vorfahren ein unbesiedeltes Land vorgefunden hätten, sicher<br />

ist aber, daß es zu keiner besonderen Gegenwehr der ansässigen Bevölkerung gekommen<br />

ist. Das kriegerische Verhalten der Bemba dürfte sich erst später<br />

134 Audrey I. Richards (1982): Chisungu. – A Girl’s Initiation Ceremony among the Bemba<br />

of Zambia, (Reprint der Erstausgabe von 1956), mit einer Einleitung von Jean La Fontaine,<br />

Routledge, London, New York, S.25–26. Siehe zu den Riten über die Feldarbeit im Jahreszyklus<br />

auch die irokesischen Stämme Nordamerikas.<br />

135 Richards 1982, Chisungu, S.26–27.

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