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Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

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Das Mutterrecht in der Evolutionstheorie des 19. Jahrhunderts 78<br />

2.1.5 Bedeutung des römischen Rechts für die Evolutionisten<br />

Meines Erachtens hat weder Charles Darwin noch Herbert Spencer den klassischen<br />

ethnologischen Evolutionismus besonders stark beeinflußt; vielmehr war es<br />

die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem römischen Recht. In der Folge<br />

wird diese Vermutung anhand des Buches von Peter G. Stein ” Römisches Recht<br />

und Europa. – Die Geschichte einer Rechtskultur“ (1996) versucht zu untermauern.<br />

Dafür ist es notwendig, bis ins 15. Jahrhundert zurückzugehen und von hier<br />

aus die Entwicklung des Rechts in Europa kurz zu betrachten, wie es z.B. auch<br />

Marianne Weber für die Rechtsstellung der Frau unternommen hat.<br />

Noch im 15. Jahrhundert war ein großer Teil des in den Gerichten angewandten<br />

Rechts in ganz Europa das herkömmliche Gewohnheitsrecht; darauf hatte die<br />

” Gesetzgebung“ wenig Einfluß. Durch Überbleibsel des antiken römischen Rechts<br />

und durch das Einsickern des an den Universitäten gelehrten Rechts wurde aber<br />

das Gewohnheitsrecht in unterschiedlichem Maße beeinflußt. 52<br />

In den deutschen Ländern war das Gewohnheitsrecht, im Gegensatz zu den italienischen,<br />

spanischen und südfranzösischen, kaum vom römischen Recht berührt.<br />

Im Norden Frankreichs galt ebenso das Gewohnheitsrecht, das sich von den regionalen<br />

Gewohnheitsrechten ableitete und von germanischen, insbesondere fränkischen<br />

Gewohnheiten herleitete. Die Einführung des römisch-kanonischen Prozesses<br />

brachte hier einen Berufsjuristenstand hervor. Vielerorts aber mußte überhaupt<br />

erst in mühevollen Aufzeichnungen das Gewohnheitsrecht verschriftlicht<br />

werden. In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurden in den französischen<br />

Ländern alle regionalen Gewohnheitsrechte regelrecht ” kodifiziert“ und sind somit<br />

in eine verbindliche und verständliche Form gebracht worden. Erst jetzt war es<br />

möglich, nach den Methoden des römischen Rechts eine wissenschaftliche Kommentierung<br />

und Interpretation durchzuführen. Der bedeutendste Kommentator<br />

des Gewohnheitsrechts war Charles Dumoulin (Molinaeus, 1500–1566). Er studierte<br />

in Orleans die traditionelle Lehre von Bartolus und Baldus und übernahm<br />

viel vom Geist des Humanismus. Gleichzeitig war er als Protestant und Nationalist<br />

überzeugt, das gute alte Gewohnheitsrecht wiederherzustellen, das ” das<br />

Kennzeichen eines ursprünglicheren und reineren Frankreichs gewesen war“. 53 Er<br />

beschäftigte sich vor allem mit den Lehensverhältnissen und erläutere in diesem<br />

Zusammenhang das Gewohnheitsrecht von Paris. Der Kommentar zum Gewohnheitsrecht<br />

von Paris erschien 1538. Dumoulin war bereit, sich der herkömmlichen<br />

Methode der Kommentatoren zu bedienen. Für sie waren die wichtigsten Fragen:<br />

die Natur des Rechts der Vasallen an dem ihm überlassenen Land und das Wesen<br />

der Verpflichtung des Vasallen gegenüber seinem Lehensherrn. 54<br />

52 Peter G. Stein (1996): Römisches Recht und Europa. – Die Geschichte einer Rechtskultur,<br />

Europäische Geschichte, hrsg. von Wolfgang Benz, aus dem Englischen von Klaus Luig, Fischer<br />

Taschenbuchverlag, Frankfurt am Main, S.131.<br />

53 Stein 1996, Römisches Recht und Europa, S.132–133, Zitat S.133.<br />

54 Stein 1996, Römisches Recht und Europa, S.133–135: Die Vertreter des römischen Rechts

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