Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies
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Theorien zur Entstehung unilinearer Abstammungsgruppen 154<br />
Nach Judith K. Brown muß beim Zitat von Lafitau folgendes beachtet werden:<br />
Lafitau unterscheidet nicht zwischen Huronen und Irokesen und versuchte gleichzeitig,<br />
Ähnlichkeiten zwischen den Bräuchen der Indianer und der Antike aufzuzeigen.<br />
Grundsätzlich ist anzumerken: die ungewöhnlich hohe Stellung lag nur<br />
bei wenigen Frauen, denjenigen nämlich, die in der Literatur als ” Matronen“ bezeichnet<br />
werden. Sie gehörten zu den ältesten Frauen und waren die Vorstände<br />
des Haushalts und der Arbeitsgruppen; jede Frau konnte diese Position im Alter<br />
anstreben. Wie die Matrone zur Matrone wurde, ist nicht klar, denn es gibt<br />
keinen Beweis für ihre Wahl. Die In<strong>for</strong>mationen, die Lafitau vorlagen, müssen relativiert<br />
werden durch die Unterscheidung der ” Irokesenfrau“ in Politik und Religion:<br />
die Matrone konnte den Ältesten ein- und absetzen; hatte die Möglichkeit<br />
der Einflußnahme auf Entscheidungen des Rates, gelegentlich sogar die ” Macht“<br />
über Kriegserklärungen; sie konnte Verträge, die geschlossen wurden, beeinflussen;<br />
aber sie konnte sich nicht am Rat der Ältesten selbst beteiligen. Goldenweiser<br />
(1912) beschreibt die sogenannte ” Macht“ der Matrone bei der Ein- und Absetzung<br />
von Chiefs: sie hatte das Recht auf ein Veto bei der Wahl und konnte nach<br />
neuerlichen Zusammenkünften der Frauen einen neuen Kandidaten nennen, bei<br />
der Amtsübernahme eines neuen Häuptlings (sachem) wurde er von einer Frauendelegation<br />
genau in seinem Verhalten beobachtet, wenn seine Handlungen nicht<br />
den Vorstellungen der Frauen entsprachen, oder wenn er Normen verletzte, dann<br />
wurde von der Matrone eine Warnung ausgesprochen. 99<br />
Gegenüberstellung der beschreibenden Quellen<br />
In den beschreibenden Quellen von außenstehenden Personen werden vor allem<br />
für sie als ” merkwürdig“ empfundene Verhaltensweisen beschrieben, wie die beiden<br />
nachfolgenden Zitate zeigen: (1) Der Händler und Abenteurer Samuel de<br />
Champlain 100 und (2) Beobachtungen des Laienbruders Gabriel Sagard 101 der von<br />
1616 bis 1620 unter den Huronen lebte:<br />
99 Brown 1975, Iroquois Women: An Ethnohistoric Note, S.238–239.<br />
100 Anderson 1995, Frauenwelt, Männerwelt, S.205; H.P. Biggar (Hg.) (1922–1936): The Works<br />
of Samuel Champlain, 6 Bände, The Champlain Society, Toronto, S.131.<br />
101 Anderson 1995, Frauenwelt, Männerwelt, S.206, und Fußnote 10, S.218. G.M. Wrong (1939):<br />
The Long Journey to the Country of the Hurons, The Champlain Society, Toronto, S.96; die<br />
Rekollekten-Sekte gilt als Re<strong>for</strong>msekte der Franziskaner.