Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies
Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies
Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Das Mutterrecht in der Evolutionstheorie des 19. Jahrhunderts 110<br />
Der Hinweis, daß die Ehefrau von Max Weber ein Buch geschrieben hat, das durch<br />
seine Arbeiten stark beeinflußt sei und in der Literatur kaum zitiert wird, war<br />
ausschlaggebend dieses Buch zu lesen. Marianne Weber wendet sich in ihrem Buch<br />
in erster Linie an Frauen, die das Bedürfnis haben, sich in die Kulturgeschichte<br />
ihres eigenen Geschlechts einzulesen. In ihrem Vorwort schreibt sie über ihre<br />
Arbeit:<br />
Eine Frau, die sich auf einem ihr ursprünglich ganz fremden Gebiet versucht,<br />
ist verpflichtet, sich und andere darüber ins Klare zu setzen, inwieweit<br />
sie beanspruchen darf, selbständig gearbeitet zu haben. Ich meine<br />
damit nicht die Anlehnung an die vorhandene Literatur: – diese versteht<br />
sich, obwohl ich natürlich überall die mir sprachlich irgendwie zugänglichen<br />
Quellen kennen zu lernen bestrebt war, bei dem Charakter des Buches<br />
ganz von selbst, – sondern die Inanspruchnahme persönlichen Rates<br />
und direkter Unterstützung. Ich habe die erste Anregung zu der nachstehenden<br />
Arbeit von meinem Mann erhalten und bin, wo immer allgemeine<br />
kulturgeschichtliche Zusammenhänge berührt sind, natürlich durch seine<br />
wissenschaftlichen Arbeiten, Vorlesungen und den persönlichen Gedankenaustausch<br />
beeinflußt. Die in der äußeren Form der Quellen sehr verwickelte<br />
Struktur des römischen Eherechts ferner wäre mir ohne seine wiederholte<br />
Hilfe wohl nur sehr langsam verständlich geworden. In zahlreichen Zweifelsfällen<br />
habe ich aber auch sonst bei der endgültigen Redaktion seinen<br />
Rat erbeten und verdanke ihm so eine Anzahl von Einzel<strong>for</strong>mulierungen<br />
direkt, nicht nur an den beiden Stellen, wo dies unter dem Text ausdrücklich<br />
vermerkt ist. Im übrigen aber trage ich für die allgemeine Anlage des<br />
Buchs ebenso wie für das Maß, in dem es mir gelungen ist, in den oft ziemlich<br />
spröden Stoff einzudringen und ihn, soweit er rechtsgeschichtlicher Art<br />
ist, aus dem juristischen Begriffsapparat loszulösen, für die Korrektheit der<br />
Einzeldarstellung ebenso wie für die vertretenen Anschauungen, allein die<br />
Verantwortung. 159<br />
Daß Max Weber für die Sozialwissenschaften der wichtigste Autor seiner Zeit war<br />
und heute immer wieder auf ihn zurückgegriffen wird, steht außer Frage; aber<br />
warum dann seine Frau nicht auch zu manchen seiner Themen Fragen gestellt<br />
haben sollte und er vielleicht daraufhin Antworten gesucht haben könnte, sollte<br />
meines Erachtens nicht ganz vergessen werden.<br />
Marianne Weber definiert das Mutterrecht in folgender Weise:<br />
Nachdem wir an konkreten Beispielen die durchaus verschiedenartige praktische<br />
Bedeutung des Mutterrechts und die Vieldeutigkeit dieses Begriffs<br />
kennen gelernt haben, können wir uns nun noch einmal resümierend die<br />
Frage nach seiner Entwicklungsgeschichtlichen Stellung vorlegen. Dabei haben<br />
wir ... aus diesem Begriff die von Bachofen und den meisten sozialistischen<br />
Vertretern der Mutterrechts-Theorie hineingezogene Vorstellung<br />
159 Marianne Weber 1989, Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwicklung, Vorwort, S.VI–VII,<br />
[Hervorhebung im Original].