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Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

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Regionalgebiet Südostasien 263<br />

(1) Datuk Katumanggungan, als direkter patrilinearer Nachkomme des Maharaja<br />

Diraja und (2) Datuk Perpatih nan Sabatang, sein Halbbruder, dessen Vater keine<br />

aristokratische Herkunft hatte (vielleicht ein Weiser). Bereits in dieser Phase<br />

der Kulturheroen sollen sich die Minangkabau in Dorfansiedlungen geteilt haben,<br />

genannt nagari, die Matri-Klans (suku) gebildet und die Klanoberhäupter<br />

(penghulu), als Repräsentanten des ” Herrschers“ im Nagari eingesetzt haben. 62<br />

Die von den beiden Kulturheroen abgeleiteten politisch-rechtlichen Traditionen<br />

werden Koto-Piliang (gewählte Worte) und Bodi-Caniago (wertvoller Charakter)<br />

genannt. Die Unterscheidung liegt bei der unterschiedlichen Stellung der matrilinearen<br />

Lineage Oberhäupter: bei der Koto-Piliang Rechtstradition wird zwischen<br />

den einzelnen Lineage Oberhäupter nach Status unterschieden, d.h. eine<br />

eher autokratische Auslegung des Adat, mit einer hierarchischen Struktur; die<br />

Bodi-Caniago Rechtstradition hingegen ist eher demokratisch und es gibt keinen<br />

Statusunterschied zwischen den Lineage Oberhäuptern, z.B. bei den Abschlußberatungen<br />

der Ratsversammlung aller Lineage-Oberhäupter. 63<br />

Ausgehend von der traditionellen Geschichte vermutet Dobbin, daß nach Adityavarman<br />

Nachfolgestreitigkeiten ausbrachen, die nicht entschieden werden konnten.<br />

Die Konflikte seien zwischen der aristokratischen Lineage, die den Handel monopolisierte<br />

und eine hierarchische Dorfstruktur vertrat, und den Anhängern des<br />

patih ( ” Ministers“, der zu Reichtum gelangte) ausgebrochen. Die Anhänger des<br />

patih hätten sich für ein vor-javanisches System eingesetzt, wie Dobbin glaubt, das<br />

mit Matriliniarität und indischen Elementen verbunden war. Das Resultat dieser<br />

Streitigkeiten sei die Spaltung in zwei unterschiedliche Rechtstraditionen gewesen.<br />

Jedes Dorf war gezwungen, sich für eine Tradition zu entscheiden: diejenigen<br />

Dörfer, die den patih unterstützten, übernahmen die sogenannte Bodi-Caniago<br />

Rechtstradition mit ihrem Zentrum in Lima Kaum; das Zentrum der rivalisierenden<br />

aristokratischen Familie wurde Sun gai Tarab mit der Rechtstradition<br />

Koto-Piliang. Für die letztgenannte Rechtstradition entschieden sich diejenigen<br />

Dörfer, die mit Goldvorkommen und dem Goldhandel verbunden waren, zugleich<br />

die Handelsrouten kontrollierten. Daraus entwickelte sich ein hierarchisches System<br />

der Amtsinhaber und Titelinhaber. 64<br />

Die Bevölkerungsbewegungen führten dazu, daß in manchen Dörfern beide<br />

Rechtstraditionen (adat-Regeln) nebeneinander bestanden. Die Dörfer mit der<br />

Koto-Piliang Rechtstradition hätten die Vorherrschaft im Tanah Datar Gebiet<br />

übernommen, der Distrikt Agam die Bodi-Caniago Tradition und Limapuluh Kota<br />

eine Misch<strong>for</strong>m von beiden. 65 Warum diese Entwicklung stattfand, wurde von<br />

Dobbin nicht erklärt, könnte aber mit der Uxorilokalität verbunden sein. Im Sinne<br />

62 Kahn 1980, Minangkabau Social Formation, S.8. Kato 1982, Matriliny and Migration, S.35.<br />

Unterschiedliche Schreibweise: bei Kahn z.B. Maharajo Dirajo, Panghulu, Dauak Parapatiah<br />

nan Sabatang.<br />

63 Kato 1982, Matriliny and Migration, S.35.<br />

64 Dobbin 1987, Islamic Revivalism in a Changing Peasant Economy, S.62–63.<br />

65 Dobbin 1987, Islamic Revivalism in a Changing Peasant Economy, S.63.

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