Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies
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Das Mutterrecht in der Evolutionstheorie des 19. Jahrhunderts 75<br />
erkannt, aber beide, Morgan und Tylor glaubten, daß ” ... in the long run, parallelism<br />
and convergence acted to insure a substantial degree of global uni<strong>for</strong>mity.“ 46<br />
Lowie schreibt 1937, daß <strong>Gesellschaften</strong> (cultures) zu komplex sind, als daß man<br />
sie auf eine chronologische Abfolge (<strong>for</strong>mulae) reduzieren könnte; ihre Entwicklung<br />
ist hauptsächlich divergent, nicht parallel. Die einzige historische Trennlinie<br />
ist diejenige, die Wissenschaft von Nicht-Wissenschaft trennt. 47 Lowie gebrauche<br />
jedoch die Unterscheidung nicht konsistent, so jedenfalls die Kritik von Marvin<br />
Harris.<br />
Leslie White (1900–1975) als Neo-Evolutionist vertrat im Gegensatz zu den Kulturrelativisten<br />
die Auffassung, daß es jeden gesunden Menschenverstand widerspreche,<br />
wenn man leugne, daß eine Gesellschaft einer anderen überlegen sein<br />
könne. Er führt das Beispiel der Maya Mesoamerikas an, die eindeutig höher<br />
standen als die Feuerländer und ebenfalls sei die alphabetische Lautschrift eine<br />
Verbesserung (Vereinfachung) gegenüber der Rebus- oder Silbenschrift. Weiters<br />
meint er, daß eine Gesellschaft auf einer höheren Stufe anzusiedeln sei, wenn die<br />
Sicherung der Existenz des einzelnen Menschen besser gewährleistet sei. Gleichzeitig<br />
entwarf er für die Berechnung der Entwicklungshöhe einer Gesellschaft eine<br />
mathematische Formel, aber bislang wurde nicht einmal ansatzweise versucht, ein<br />
zuverlässiges Zahlenwerk in die Formel einzusetzen, denn der Fülle der Wechselwirkungen<br />
könnte es niemals gerecht werden. 48 Auch Leslie White hat sich als<br />
Neo-Evolutionist nicht von gesellschaftlichen Wertungen – ausgehend von der eigenen<br />
Gesellschaft – lösen können und hat damit die Fehler der Evolutionisten<br />
weitergeführt.<br />
2.1.4 Die Evolution des Rechts<br />
In diesem Abschnitt wird vor allem auf die, von den klassischen Evolutionisten<br />
angenommene gesellschaftliche Abfolge: von der mutterrechtlichen über die va-<br />
46 Harris 1968, The Rise of Anthropological Theory, S.179.<br />
47 Harris 1968, The Rise of Anthropological Theory, S.179; Harris bezieht sich auf Lowie 1937,<br />
History of Ethnological Theory, Farrar and Rinehart, New York, S.59; und Harris schreibt: “On<br />
the other hand, Lowie (1937:59), identifying himself with ‘historians of culture,’ protested that<br />
culture ‘is far too complex to be reduced to chronological <strong>for</strong>mulae; its development is mainly<br />
divergent, not parallel.’ But the opposite of ‘parallel’ can be ‘mainly divergent’ only when<br />
‘convergent’ and ‘divergent’ evolution are lumped together to <strong>for</strong>m an historically meaningless<br />
dichotomy over and against parallel evolution. The only historically applicable dichotomy is<br />
that which separates science from nonscience, namely one in which convergence and parallelism<br />
act frequently enough to produce substantial uni<strong>for</strong>mities. The evolutionists, in brief, simply<br />
denied that history had been ‘mainly divergent’; the equation of that position with one which<br />
insists that evolution had consisted mainly of parallel development is an artifact of a highly<br />
biased understanding of the history of anthropological theory. ... The errors of the evolutionists<br />
were committed on behalf of pushing a science of culture to (and beyond) its evidential limits;<br />
the errors of the historical particularists – with which we deal in later chapters – were committed<br />
out of a spirit of scientific nihilism, which denied that a science of history was possible.”<br />
48 Raum 1983, Evolutionismus, S.293–294.