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Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

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Familialisierung von sozialen Beziehungen 17<br />

Kern- ” familien“-Regelung (Vereinbarung, Absprache, Vorbereitung) als Überlebensstrategie<br />

anerzogen oder angeboren ist. 20<br />

1.1.2 Biologische und soziale Evolution des Homo sapiens<br />

Die klassische Evolutionstheorie nimmt an, daß bei der Entstehung der Bipedalität<br />

der Zufall eine entscheidende Rolle gespielt hat. ” Der aufrechte Gang er<strong>for</strong>dert<br />

größere physiologische Veränderungen, als man gemeinhin annehmen möchte: ein<br />

Affe kann sich aus physiologischen Gründen nicht einfach aufrichten und gehen<br />

lernen.“ 21 Als Grobstruktur zur Rekonstruktion der Humanevolution dienen fossile<br />

Funde. Die ältesten Werkzeuge sind rd. 2,5 Millionen Jahre alt, hingegen<br />

wird der erste Nachweis des Homo erectus mit 1,5 Millionen Jahren angegeben.<br />

Damit kann angenommen werden, daß sich die Bipedalität bereits lange vorher<br />

entwickelt hat und eine Selektion auf der Ebene der ökologischen Konkurrenz<br />

zwischen den Gruppen ausschlaggebend war. Die Gruppen, die die Vorteile des<br />

aufrechten Ganges gemeinsam mit der Sozialorganisation verbinden konnten, waren<br />

erfolgreicher. 22<br />

Hier wiederum dürfte die Kooperation bei den Jagdzügen, die Versorgung<br />

mit Fleisch und der Werkzeuggebrauch bedeutend gewesen sein. Während der<br />

Jagdzüge der Männer lebten die Frauen mit ihren Kindern in temporären Lagerplätzen.<br />

Diese zeitweise Trennung der Geschlechter dürfte für die Familialisierung<br />

von entscheidender Bedeutung gewesen sein. Aber was war dafür ausschlaggebend?<br />

Beziehen wir uns nochmals auf die Primaten:<br />

Das Alpha-Männchen in der Schimpansengruppe z.B. ist normalerweise voll<br />

damit beschäftigt, seine Position zu sichern; die anderen Männchen sind<br />

ständig darauf aus, Koalitionen gegen ihn zu schmieden; das wirksamste<br />

Mittel, das er einsetzen kann, sind aggressive Drohgebärden, die vom Betroffenen<br />

mit der Status-Kommunikation der Unterordnung zu beantworten<br />

sind. Erfolgt die Unterordnung nicht, so ist es mit dem Gruppenfrieden zu<br />

Ende, und ein neuer Machtkampf beginnt. ... Diese Statuskämpfe dauern so<br />

lange, bis sich die alte oder eine neue Rangordnung ergibt; sie können sich<br />

längere Zeit hinziehen und können vor allem für einen der Hauptakteure<br />

plötzlich tödlich enden. 23<br />

Der frühe Werkzeuggebrauch der Hominiden im Gegensatz zu den geringen technologischen<br />

Fähigkeiten der Primaten dürfte nach Hannes Wimmer mit der Umstrukturierung<br />

ihrer sozialen Beziehungen im Kollektiv erklärbar sein: schrittweiser<br />

Abbau der Statusordnung, Solidargruppen der Jäger, die Familiarisierung der<br />

20 Leibowitz 1975, Perspectives on the Evolution of Sex Differences, S.30.<br />

21 Wimmer 1996, Evolution der Politik, Fußnote 70, S.106. Siehe dazu auch Uwe Wesel (1985):<br />

Früh<strong>for</strong>men des Rechts in vorstaatlichen <strong>Gesellschaften</strong>, S.78–81.<br />

22 Wimmer 1996, Evolution der Politik, S.106.<br />

23 Wimmer 1996, Evolution der Politik, S.106–107.

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