Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies
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Regionalgebiet Südostasien 279<br />
die wiederum in Abstammungsgruppen buah paruik oder buah gadang unterteilt<br />
werden, mit einer genealogischen Tiefe von vier bis neun Generationen. 104 Das<br />
nagari-System bildet zwei Moieties, die als aristokratische Abstammungsgruppen<br />
oder laras bezeichnet werden, diese folgen unterschiedlichen Rechtstraditionen:<br />
Bodi-Caniago und Koto-Piliang. Die beiden laras schließen zwei Paare von vier<br />
suku ein, die die ältesten matrilinearen Abstammungsgruppen bilden. 105<br />
Es können drei Typen von Dörfern unterschieden werden: (1) Padang im Hochland,<br />
Zentrum der Minangkabau Geschichte mit Naßreisfeldbau, (2) Dörfer an<br />
den Berghängen im Hochland, die als marginale Dörfer mit Handwerkstraditionen<br />
und Handelsinteressen verbunden werden. Die soziale und politische Struktur<br />
basiert bei beiden Typen auf dem Adat-Gesetz und Brauchtum, die sich aber in<br />
der Interpretation unterscheiden, (3) Dörfer der Westküste, von den Holländern<br />
als Padang Lowlands bezeichnet, von den Minangkabau als rantau oder Grenzzone.<br />
106<br />
Dörfer der Hochlandebenen<br />
In vorkolonialer Zeit gab es eine Art von ” Versklavung“, die nach Grad und Stil<br />
variierte und bestimmt war durch die Art, wie jemand in dieses Abhängigkeitsverhältnis<br />
gelangte. Nach der Übernahme des Isalm wurden ausschließlich Nicht-<br />
Muslime versklavt, vor allem Personen aus Nias, Mentawei, Tampanuli und Riau.<br />
Sklaven und ihre Nachkommen lebten in getrennten Siedlungen nahe der großen<br />
Dörfer des Hochlandes. Sie waren auf den Reisfeldern, in den großen Haushalten<br />
oder als Taglöhner eingesetzt und durften keine Ehen mit Frauen des Dorfes eingehen.<br />
107 Die einzige Möglichkeit, diesem Abhängigkeitsverhältnis zu entkommen,<br />
war die Flucht in die Städte der Westküste.<br />
Das tägliche Leben der Bewohner der vier Hochebenen unterscheidet sich in den<br />
einzelnen Dörfern kaum und wird durch den Zyklus des Reisanbaus bestimmt.<br />
Durch die geographische Trennung der vier Hochebenen konnten sich aber auch<br />
Varianten und eigenständige Formen entwickeln. (1) Agam im Norden mit dem<br />
Ort Bukkit Tingi. (2) Lima Puluh Koto östlich von Agam gelegen hatte engere<br />
Kontakte zu den Handelszentren der Straße von Malakka und bildete ein Zentrum<br />
für traditionelle religiöse Studien, insbesondere für zahlreiche tarekat-Schulen<br />
(mystische islamische Bruderschaften), die nahe dem administrativen Zentrum<br />
Payakumbuh angesiedelt waren. (3) Im Süden liegen die beiden historischen Orte<br />
XIII und IX Kota des Distrikts Solok. Es wird gesagt, daß diese die arroganteste<br />
und aristokratischste Bevölkerung unter den Minangkabau war. (4) Tanah Datar<br />
104Franz und Kebeet Benda-Beckmann 1985, Die rechtliche Stellung der Frauen bei den Minangkabau<br />
in Indonesien, S.509–513.<br />
105Drakard 1990, A Malay Frontier, S.11–12.<br />
106Graves 1981, The Minangkabau Response to Dutch Colonial Rule in the 19th Century, S.5–6.<br />
107Graves 1981, The Minangkabau Response to Dutch Colonial Rule in the 19th Century, S.13,<br />
bezieht sich auf E.B. Kielstra, Sumatra’s Westkust, 1819–1890, 1, Bijdragen reprint, 5th series,<br />
n.d., The Hague, S.136.