Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies
Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies
Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Familialisierung von sozialen Beziehungen 42<br />
genannt hat, vorhanden. Die Universalität der Kernfamilie konnte durch seine<br />
Beispiele nicht eingeschränkt werden, hingegen unterliegen die sozialen Beziehungen<br />
zwischen Verwandten wesentlich größeren Kombinationsmöglichkeiten.<br />
Eickelpaschs Vergleich der ethnologischen Literatur über segmentäre <strong>Gesellschaften</strong><br />
und der chinesischen Gesellschaft vor der Revolution von 1911 ist eigentlich<br />
nicht zulässig, da innerhalb der chinesischen Gesellschaft sehr wohl unter verschiedenen<br />
Völkern, als auch zwischen Stadt- und Landbevölkerung unterschieden<br />
werden muß (Agrargesellschaft versus Industriegesellschaft). Aus ethnologischer<br />
Sicht gibt es kein einheitliches ” chinesisches Volk“. Im Unterschied dazu, kann<br />
man die Nayar, oder die traditionell lebenden Ashanti in der Tat als ethnologische<br />
Einheit betrachten.<br />
Für die Kernfamilie gibt es nur eine einzige Definition: sie besteht aus zwei erwachsenen,<br />
nicht verwandten Personen, unterschiedlichen Geschlechts sowie ihren<br />
unverheirateten Kindern. Wo sie leben, welche Aufgaben jeder einzelne innerhalb<br />
der Kernfamilie übernimmt, ist an die jeweilige Gesellschaftsorganisation angepaßt,<br />
ebenso wie der Anteil, der von einzelnen Verwandten oder der Verwandtschaftsgruppe<br />
bei der Erziehung der Kinder übernommen wird.<br />
1.3 Jäger- und Sammlergesellschaften<br />
Häufig wurden die Aktivitäten der Jäger höher eingeschätzt als sie tatsächlich<br />
waren oder sind. Die Buchtiteln der ethnologischen Literatur über Jäger- und<br />
Sammlergesellschaften wurden häufig einseitig gewählt. Warum das so ist, versucht<br />
Elman R. Service zu erklären. ” The Hunters“ nannte er sein Buch deshalb,<br />
weil dieser Titel interessanter klingt als ” The Cleaners,“ oder ” The Foragers“. 104<br />
Nach Uwe Wesel gibt es seit mindestens ein bis zwei Millionen Jahren Menschen<br />
und er meint, daß diese Schätzungen immer weiter nach rückwärts gerückt<br />
werden müssen. 105 Diese Einschätzung ist heute überholt: Wesel hat in diesem<br />
Zusammenhang – ebenso wie die klassischen Evolutionisten – nicht zwischen den<br />
Hominiden und dem Homo sapiens unterschieden. Der Homo sapiens lebt erst<br />
seit ungefähr 100.000 bis 70.000 Jahre als eigene Spezies und Bodenbau ist im<br />
Vergleich dazu eine sehr neue Art der Nahrungsmittelbeschaffung. Die ersten bekannten<br />
Bodenbauern waren die Natufier in der Levante. 106<br />
104 Elman R. Service (1979): The Hunters, Foundations of Modern Anthropology Series,<br />
Prentice-Hall, Englewood Cliffs, N.J., zweite Auflage, S.8.<br />
105 Wesel 1980, Der Mythos vom Matriarchat, Kap. XII, S.78.<br />
106 Weiterführende Literatur zur Natufier-Forschung siehe: Wimmer 1996, Evolution der Poli-<br />
tik, S.128–131.