Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies
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Regionalgebiet Südostasien 268<br />
dem penghulu. Die Autorität innerhalb einer Lineage oder Sublineage bildet der<br />
mamak (Mutterbruder, mütterlicher Onkel, oder ein klassifikatorischer mütterlicher<br />
Onkel, dies gilt ebenso für den penghulu oder den tungganai). Die soziale<br />
Stratifikation der traditionellen Gesellschaft auf der Dorfebene wird durch die<br />
Erbfolge erklärt: an der Spitze des Dorfes (nagari) stand der Raja, gefolgt vom<br />
matrilinearen Klan (suku) und der Position des Penghulu suku, sowie der Lineage<br />
(payung) mit dem Lineagevorstand Penghulu, weiters der Sublingeage (Paruik)<br />
mit dem Sublineagevorstand Tungganai. Die Kinder der Schwester eines männlichen<br />
Ego werden Kemanakan genannt, das sind die sororalen Nichten und Neffen.<br />
Der Lineagebesitz ist kommunales Eigentum, dazu zählten vor allem das Erbe der<br />
Ahnen: Reisfelder, wertvolle Erbstücke und Adat-Titeln. Alle Männer hoffen, daß<br />
sie nach der Heirat einen dieser Adat-Titel erben werden. 75<br />
Kahn zeichnete anhand seiner Forschungen im Dorf Sungai Puar (in der Nähe<br />
von Bukit Tinggi, der Distrikthauptstadt von Agam) die Verwandtschaftsbeziehungen<br />
auf. Die matrilinearen Abstammungsgruppen (suku) beziehen sich auf<br />
unterschiedliche Bereiche der Verwandten. Meist wird ein Suku mit einer der<br />
vier pan-Minangkabau Phratrien verbunden, die sich von den matrilinearen Deszendenten<br />
der zwei Kulturheroen ableiten: (1) Datuk Parpatiah nan Sabatang<br />
und (2) Datuk Katumangguangan. Namentlich werden diese überregionalen vier<br />
Suku-Einheiten oder vier pan-Minangkabau Phratrien als Koto, Piliang, Bodi<br />
und Caniago bezeichnet, die in zwei Moieties (lareh oder lara) zusammengefaßt<br />
werden (siehe dazu die beiden Adat-Rechtstraditionen: Koto-Piliang und Bodi-<br />
Caniago). Weder die Moieties noch die Phratrien korrespondieren mit einem territorialen<br />
Gebiet. Aber gleichzeitig ist jedes Minangkabau-Dorf mit einer der beiden<br />
Moieties verbunden und setzt sich aus einer bestimmten Anzahl von Suku (Klans)<br />
zusammen, die im engeren Sinne die Segmente der vier Phratrien repräsentieren.<br />
Nach den Forschungsergebnissen von Kahn gibt es auf der Dorfebene in Sungai<br />
Puar fünf Suku (Klans), die als Koto, Piliang, Sikumbang, Pisang und Malayu bezeichnet<br />
werden. Der Klan Koto wird in drei Subklans unterteilt: in Koto Gobah,<br />
Koto Musajik und Koto Salek Batang. Jede Sektion des Dorfes (Jorong, Dorfteil)<br />
besitzt repräsentative Segmente von jedem der fünf Dorfklans und jeder Dorfbewohner<br />
fühlt sich mit einer der vier Phratrien verbunden. Die Rekonstruktion<br />
dieser Verbindung ist heute von den Dorfbewohnern selbst nur mehr zur Koto<br />
und Piliang Phratrie nachvollziehbar. Die Anzahl der Klans variiert von Dorf zu<br />
Dorf, z.B. das Küstendorf Bungus bilden sieben Klans, das Dorf Sungai Puar<br />
hingegen nur fünf, wobei Koto und Piliang die mitgliederstärksten Klans sind. 76<br />
Im Dorf Sungai Puar werden die Klans und Subklans weiter segmentiert, aber<br />
nicht namentlich unterschieden. Alle bisher besprochenen Gruppierungen: Klans,<br />
Subklans und Segmente des Subklans werden nach Kahn von der Bevölkerung als<br />
suku bezeichnet. Insgesamt besteht eine große Flexibilität bei der Bezeichnung<br />
der matrilinearen Gruppen, wie auch bestimmter Positionen; z.B. hat das Dorf<br />
75 Kato 1982, Matriliny and Migration, S.50–52.<br />
76 Kahn 1980, Minangkabau Social Formation, S.39–41.