Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies
Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies
Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Regionalgebiet Südostasien 258<br />
scheint nicht sehr plausibel, wie überhaupt Feindschaft zwischen den Dörfern.<br />
Merkwürdig ist, daß es in der Literatur kaum Hinweise über die Bedeutung der<br />
Kriegführung der Minangkabau gibt.<br />
Aus den Beschreibungen über die Autorität der Minangkabau Rajas entsteht nach<br />
Kato folgendes Bild:<br />
One gets the impression that kingship lasted <strong>for</strong> a long time precisely<br />
because the raja had no strong authority or power, and because there<br />
was no external or internal aggression threatening to overthrow kings. Together<br />
with its historical inception, the nature and function of Minangkabau<br />
kingship ought to be an important topic of historical studies in the<br />
future. 50<br />
Der Einfluß der aristokratischen Familien dürfte durch die Wahl neuer Handelsrouten<br />
und dem Aufstieg des Sultanats von Malakka im 15. Jahrhundert zurückgegangen<br />
sein. Die portugiesische Eroberung von Malakka betraf auch den Goldhandel<br />
der Minangkabau; darauf beruhte das Prestige der aristokratischen Lineages.<br />
Die Dörfer mit den Goldvorkommen im Tanah Datar Distrikt und an den Hauptexportrouten<br />
unterstützten die aristokratischen Lineages (d.h. sie folgten den<br />
Kota-Piliang Rechtstraditionen). Ab den 1780er Jahren waren die Goldvorkommen<br />
erschöpft und die alte Ordnung veränderte sich. Zu den neuen Handelswaren<br />
zählten Kaffee, Salz, Gambier und Textilien. Mit dem internationalen Kaffeeboom<br />
ab 1800 wurde Kaffee zur wichtigsten Einnahmequelle der Hügeldörfer von Agam<br />
und Limapuluh Kota. Hauptabnehmer dieser cash crops waren die Briten und<br />
Amerikaner, die in Penang 1786 eine Handelsrevolte stimulierten. Die holländische<br />
Expansion traf mit der ersten islamischen Erneuerungsbewegung ” Indonesiens“<br />
zusammen. Das Minangkabau-Gebiet war das Zentrum des sozialen, religiösen<br />
und politischen Wandels seit dem späten 18. Jahrhundert und hatte damit nachhaltigere<br />
Auswirkungen auf das übrige ” Indonesien“ als alle anderen Regionen.<br />
Neben den Handelsaktivitäten entstand eine islamische Re<strong>for</strong>mbewegung, die von<br />
Agam in den 1780er Jahren ausging und um 1803/04 als Padri-Bewegung bekannt<br />
wurde. Der Name leitet sich von den Anführern, den orang Pidari, den ” Männern<br />
von Pĕdir“ ab, die nach Mekka über den Hafen von Pĕdir pilgerten. Eine Gruppe<br />
von drei hajis (Pilger) kehrte 1803/04 ins Minangkabau-Gebiet zurück und war<br />
von der puritanischen Wahhabi-Re<strong>for</strong>m stark beeinflußt. Die Re<strong>for</strong>mbewegung<br />
richtete sich zu Beginn gegen die Spielleidenschaft, Stockkämpfe, das matrilineare<br />
adat, insbesondere die Vererbung, das Opiumrauchen, starke alkoholische Getränke,<br />
Tabak, Betelnuß, insgesamt gegen den freien Umgang mit Genußmitteln.<br />
Die Re<strong>for</strong>mbewegung war aber nicht mit der arabischen Wahhabi-Bewegung vergleichbar,<br />
sondern die wichtigsten Padrianführer erhielten Minangkabau-Titeln<br />
des Respekts, z.B. für religiöse Lehrer ” tuanku“, der berühmteste wurde Tuanku<br />
Imam Bonjol (1772–1864). 51<br />
50 Kato 1982, Matriliny and Migration, S.39, Fußnote 8.<br />
51 Ricklefs 1990, A History of Modern Indonesia, S.133.