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Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

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Theorien zur Entstehung unilinearer Abstammungsgruppen 151<br />

3.3 Die Konföderation der Irokesen und der Huronen<br />

In matrilinearen <strong>Gesellschaften</strong> besitzen Frauen normalerweise größere Unabhängigkeit<br />

als in patrilinearen <strong>Gesellschaften</strong>, die durch die Kombination von<br />

matrilinearer Abstammung und uxorilokaler Residenz noch verstärkt wird. Trotzdem<br />

bleibt in allen matrilinearen <strong>Gesellschaften</strong> – von denen uns Beschreibungen<br />

vorliegen – der Vorstand des Haushalts, der Lineage und der Lokalgruppe gewöhnlich<br />

ein Mann. Bis heute wird der Vorstellung, daß die irokesischen Stämme eine<br />

matriarchale Gesellschaftsordnung hatten, nachgehangen. – Tatsache ist und<br />

bleibt: es hat weder in früheren <strong>Gesellschaften</strong> noch innerhalb der irokesischsprachigen<br />

Bevölkerung im Norden Amerikas jemals ein Matriarchat gegeben!<br />

Wenn es kein Matriarchat gegeben hat, dann bedeutet dies aber nicht, daß<br />

1. Frauen und Männer niemals zueinander Beziehungen hatten, die ausgeglichen<br />

und kreativ für beide Geschlechter waren. Vielmehr entwickelten beide<br />

Geschlechter geeignete Fertigkeiten, Fähigkeiten und Technologien in ihren<br />

Männer- und Frauengruppen – ihrer Zeit und den Umständen entsprechend.<br />

2. Weiters heißt es nicht, daß die Geschlechter in Zukunft nicht gleichgestellt<br />

sein können, oder geschlechtliche Arbeitsteilung als überholt angesehen werden<br />

wird. Kathleen Gough glaubt daran, daß sich die Gleichberechtigung der<br />

Geschlechter mit Sicherheit erst entwickeln wird. Der Glaube an den ” Mythos<br />

des goldenen Zeitalters der Frauen“ ist aber überholt. 93<br />

Die ungewöhnlich gute Stellung der Frauen innerhalb der irokesisch-sprachigen<br />

Bevölkerung im Norden Amerikas wurde und wird immer wieder hervorgehoben.<br />

Im 19. Jahrhundert schrieb man ihnen eine ” mutterrechtliche“ Gesellschaftsordnung<br />

zu; die nachfolgenden Autoren heben vor allem den ökonomischen Wert<br />

und damit die ökonomische Überlegenheit der ” Irokesen“-Frau als Grundlage ihrer<br />

Stellung hervor, so z.B. Robert H. Lowie (1961). Diamond Jennees (1932)<br />

bezweifelt, daß die fast ausschließlich von den Frauen geleistete Arbeit des Bodenbaus<br />

im ökonomischen Leben der Irokesen ausreiche, um ihre Stellung zu<br />

erklären, sondern es seien weitere Faktoren notwendig, z.B. die Verteilung der<br />

Arbeit, die Kultivierung der Felder und der überdurchschnittlich hohe Anteil der<br />

Frauen bei der Nahrungsproduktion. B.H. Quain (1961) fügt noch Matrilinearität<br />

und -lokalität hinzu, die ebenfalls die Position der Frauen in der Gesellschaft<br />

stärkten. 94<br />

93 Gough 1975, The Origin of the Family, S.54.<br />

94 Judith K. Brown (1975): Iroquois Women: An Ethnohistoric Note, in: Rayna R. Reiter, Toward<br />

an Anthropology of Women, Monthly Review Press, New York, London, S.235–251, hier<br />

S.235; bezieht sich auf die Arbeiten von: Robert H. Lowie (1961): Primitive Society, Harper,<br />

New York, S.201. Diamond Jenness (1932): The Indians of Canada, Bulletin No. 65 of the Na-

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