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Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

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Zusammenfassung<br />

In der vorliegenden Arbeit wurde anhand von unterschiedlichen theoretischen<br />

Ansätzen versucht, mögliche Erklärungen für das Entstehen von matrilokalen<br />

und matrilinearen <strong>Gesellschaften</strong> zu untersuchen. Ausgangspunkt waren die Annahmen<br />

der Evolutionisten des 19. Jahrhunderts und dabei vor allem Bachofens<br />

” Mutterrecht“ (1861), der anhand von Mythen des Altertums die Rechtsstellung<br />

von Frauen interpretierte. Er hatte, wie Uwe Wesel es nennt, selbst einen Mythos<br />

geschaffen, der für lange Zeit, teilweise bis heute, weitergesponnen werden sollte.<br />

Aber bereits Marianne Weber zeigte 1907 in ihrer Schrift Ehefrau und Mutter in<br />

”<br />

der Rechtsentwicklung. – Eine Einführung“ die Unhaltbarkeit der Hypothese eines<br />

universalen ursprünglichen Matriarchats in der Entwicklung menschlicher <strong>Gesellschaften</strong><br />

– Matriarchat im Sinne einer Herrschaft von Frauen über den Rest“ der<br />

”<br />

Gesellschaft. Sie konnte auf eine gewisse Beteiligung der Frauen am öffentlichen<br />

”<br />

Leben“ verweisen und begründete dieses Phänomen mit einem Vatermangel“ –<br />

”<br />

wie sie es nennt, welcher verschiedene Ursachen haben kann: in allen <strong>Gesellschaften</strong><br />

gebe es Familien ohne Väter im Rechtssinn“, z.B. nach Scheidungen, Tod<br />

”<br />

oder auch aufgrund unehelicher Geburt, aber dies sei kein allgemeiner Zustand in<br />

einer Entwicklungsstufe“, sondern zu allen Zeiten in der Menschheitsgeschichte<br />

”<br />

immer nur eine Randerscheinung gewesen. Für diesen Randbereich der Gesellschaft<br />

nimmt sie eine Muttergewalt“ an und dadurch entstünden mutterseitige<br />

”<br />

Verwandtschaftsbeziehungen, die eine Nebenerscheinung des herrschenden Pa-<br />

”<br />

triarchalismus“ sei. 1<br />

Marianne Weber hatte mit ihrer These vom Vatermangel“ im Prinzip nicht ganz<br />

”<br />

unrecht, ihr fehlte im Grunde nur eine überprüfbare Begründung dafür. Wie wir<br />

bereits sahen, ist der Vatermangel“ sogar ein gravierenderer Faktor, als Mari-<br />

”<br />

anne Weber vermutete. Auf diesen Punkt wird später noch näher eingegangen.<br />

Festzuhalten bleibt, daß Marianne Weber sowohl den evolutionistischen Standpunkt<br />

ablehnte, als auch aufgrund ihrer historischen Forschungen keinerlei Anhaltspunkte<br />

dafür fand, daß die Rechtslage von Frauen irgendwann einmal einer<br />

” Gynaikokratie“ nahegekommen wäre.<br />

Damit unterscheidet sich Marianne Weber sogar von – an Bachofen anschließende<br />

– Interpretationen der letzten Jahrzehnte, in denen teilweise noch immer die<br />

1 Siehe dazu in der vorliegenden Arbeit Seite 107: zur Erklärung des ” Vatermangels“ bei<br />

Marianne Weber.<br />

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