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Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

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Familialisierung von sozialen Beziehungen 26<br />

ein. Sally Slocum beschäftigt sich mit den Unterschieden und Gemeinsamkeiten<br />

der Protohominiden und des Homo sapiens: Daten sind Fossilien, archäologische<br />

Materialien, Kenntnisse des Lebens von nicht-menschlichen Primaten und von lebenden<br />

Menschen. Vor allem den Unterschieden widmet sie ihre Aufmerksamkeit.<br />

Es stellt sich die Frage, wodurch unterscheiden wir uns von den protohominiden<br />

Ahnen?<br />

• Umstellung vom Jahres- zum Monatszyklus der Frau: d.h. Empfängnisbereitschaft<br />

der Frau übers ganze Jahr. Dadurch besteht die Möglichkeit, ein<br />

zweites Kleinkind aufzuziehen, während das erste noch betreut werden muß;<br />

• aufrechter Gang und Rückentwicklung der Körperbehaarung;<br />

• schwierigere Geburten: die Verkleinerung des Beckens hatte zur Folge, daß<br />

Kinder früher geboren werden mußten;<br />

• Neotenie: unvollkommener Entwicklungsstand bei Neugeborenen und lange<br />

Abhängigkeit des Kleinkindes. Je länger ein Kind von einem Erwachsenen<br />

abhängig ist, desto länger kann es von seiner Umgebung beeinflußt werden<br />

und lernen;<br />

• Entwicklung eines größeren, komplexeren Gehirns (Neokortex): war die Voraussetzung<br />

für symbolische Systeme, wie Sprache, Gesellschafts<strong>for</strong>men, etc.;<br />

• Teilung der Nahrung: im Zusammenhang mit der längeren Abhängigkeit<br />

des Kindes von seiner Mutter entwickelte sich die Arbeitsteilung zwischen<br />

den Geschlechtern; und<br />

• das Leben in Familien war die Folge der Arbeitsteilung: d.h. eine Situation,<br />

wo jedes Individuum eine definierte Verantwortung und Pflichten gegenüber<br />

einer bestimmten Gruppe beider Geschlechter unterschiedlichen<br />

Alters hat. 57<br />

• Face-to-Face-Kommunikation: auch beim Geschlechtsverkehr. Das Gesicht<br />

erhält durch die Kommunikationsmöglichkeit einen wesentlichen Stellenwert<br />

für den Ausdruck von Emotionen. Nach Slocum entwickelte sich zuerst die<br />

Paarbildung und danach veränderte sich die Coitus-Stellung. 58<br />

Über den Hand-Auge-Gehirn-Feedback Prozeß wurden Koordination, Effizienz<br />

und Kenntnisse entwickelt, die zu einem neuen Verhalten führten. Bisher wurde<br />

angenommen, daß mit der Vergrößerung des Gehirns die Neotenie des Kleinkindes<br />

im Zusammenhang steht, damit verbunden eine größere Lernfähigkeit: Vernetzungen<br />

im Gehirn, die sich erst nach der Geburt entwickeln und in enger Verbindung<br />

mit der Umwelt stehen. Es konnte wesentlich mehr in derselben Zeit erlernt werden.<br />

Der vermutete Zusammenhang von Gehirnwachstum und Neotenie war eine<br />

57 Slocum 1975, Woman the Gatherer, S.39–40.<br />

58 Slocum 1975, Woman the Gatherer, S.44.

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