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Matrilineare Gesellschaften - Institute for Advanced Studies

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Theorien zur Entstehung unilinearer Abstammungsgruppen 143<br />

erstes Kind – ein Mädchen – ” tot“ geboren wurde, wobei wir vermuten, daß auch<br />

in diesem Fall die ” helfenden“ Frauen für den Tod des Mädchens verantwortlich<br />

waren und die Seneca auf diese Art das Bevölkerungswachstum kontrollierten.<br />

Divale und Harris führen noch weiters an, daß die Ursachen für die Kriegführung<br />

keine wesentliche Bedeutung für ihre Theorie hätten, vielmehr käme es darauf<br />

an, warum Kriege gewünscht werden sowie auf die Intensität und Häufigkeit der<br />

Kriegführung. Dazu werden zwei Faktoren angeführt:<br />

1. Im Falle von Bandgesellschaften mit hohem Proteinkonsum, aber wenig fettund<br />

kohlehydratehaltiger Nahrung verlassen sich die Mitglieder eher auf den<br />

Geburten-Abstands-Effekt durch verlängerte Stillzeiten als auf den männlichen<br />

Vormachtskomplex im Krieg.<br />

2. Band- und Dorfgesellschaften mit hohem Kalorienkonsum, aber wening<br />

proteinhaltiger Nahrung, können sich nicht auf verlängerte Stillzeiten verlassen,<br />

um die Bevölkerungsanzahl stabil zu halten, sondern werden eher<br />

am Kriegführungskomplex festhalten. 68<br />

Nach der Studie von Leo W. Simmons 69 sei Kriegführung signifikant mit vielen<br />

Variablen dörflicher Hortikultur- und Ackerbaugesellschaften verbunden:<br />

1. Die Zunahme von Kriegführung korreliert mit Ackerbau und permanenter<br />

Seßhaftigkeit, Haltbarkeit und Widerstandsfähigkeit der Unterkünfte, verbunden<br />

mit Getreidekost und Verarbeitung von Metallen und Töpferei.<br />

2. Die Häufigkeit der Kriegführung sei aber auch mit den Variablen des männlichen<br />

Vormachtkomplexes verbunden und korreliert signifikant mit patrilokaler<br />

Residenz, patrilinearer Abstammung, Polygynie, Heirat durch Raub,<br />

Brautpreis, ehelichen sexuellen Einschränkungen für die Frau, Eigentumsrecht<br />

an Frauen, männlichen Gemeinschaften, männlichen age grades und<br />

Männerhäusern. Ein weiteres signifikantes Merkmal nach Simmons ist die<br />

Abnahme der Kriegführung in <strong>Gesellschaften</strong>, bei denen Polyandrie vorherrscht.<br />

70<br />

Divale und Harris kritisieren an der Studie von Simmons, daß seine Theorie bereits<br />

bei einer Analyse auf einer mehr als Zwei-Punkte-Skala zusammenbrach.<br />

Simmons Hypothese, welche ungetestet blieb, weicht von der Theorie von Divale<br />

und Harris ab. Deren Theorie besagt, daß jeder plötzliche Wechsel von High-<br />

Quality-Protein und kalorienarmer Nahrung zu niedriger proteinhaltiger und kalorienreicher<br />

Diät einen so<strong>for</strong>tigen Bevölkerungsanstieg auslösen würde, der wiederum<br />

weibliches Infantizid und Intensivierung der Kriegführung zur Folge haben<br />

68 Divale und Harris 1976, Population, Warfare, and the Male Supremacist Complex, S.531.<br />

69 Leo W. Simmons (1937): Statistical Correlations in the Science of Society, in: George Peter<br />

Murdock (Hg.), <strong>Studies</strong> in the Science of Society, Yale University Press, S.495–517.<br />

70 Divale und Harris 1976, Population, Warfare, and the Male Supremacist Complex, S.532,<br />

Tabelle IX.

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